Herr Löffler, Herr Steiger, seit Mai dieses Jahres untersucht die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung gemeinsam mit der TU Dresden das Thema „Was bringt die Zukunft? Glokale Trends des 21. Jahrhunderts“. Was war Ihre Lieblingsveranstaltung bisher?
Steiger: Ich habe da die Qual der Wahl. Die Veranstaltungen waren alle ganz toll. Gestern lief „Virus vs. Mensch – Der Kampf gegen Krankheiten im 21. Jahrhundert“. Das Thema ist natürlich höchst aktuell. Da hatten wir sehr intensive Diskussionen, zwischen dem Virologen Uwe Liebert aus Leipzig, der Juristin Anika Klafki aus Jena und der Politikwissenschaftlerin Anna Holzscheiter aus Dresden. Es ging um die Rolle der WHO und um die Maßnahmen hier vor Ort. Das hat wirklich ganz hervorragend unseren Anspruch miteinander verbunden, sich einerseits die lokalen Trends näher anzuschauen und gleichzeitig auch die internationale Perspektive zu betrachten. Die großen Probleme unserer Zeit treffen zwar jeden einzelnen von uns, lassen letztlich jedoch nur gemeinsam auf internationaler Ebene lösen.
Löffler: Ich bin wirklich sehr glücklich über diese Reihe und kann gar nicht den einen Abend herausheben. Die Veranstaltungen hatten alle Niveau.
Wie kam die Idee zustande, Herr Löffler? Wie ist sie bei der SLpB gewachsen?
Löffler: Gewachsen ist ein gutes Stichwort. Vor etwa anderthalb, zwei Jahren haben wir zusammengearbeitet zum Thema allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Danach waren wir ein zweimal Mittagessen, und so entstand Idee, wir müssten mehr zusammen machen. Sie, Herr Steiger, hatten Interesse, stärker in die Stadt hinein zu wirken. Mir war es wichtig, dass unser Haus stärker internationale Themen aufgreift. Unser Kollege Joachim Amm hat sich ebenfalls sehr aktiv eingesetzt für eine Reihe zu globalen Zukunftsthemen. Er hat wichtige Impulse gegeben. Sie und Ihre Kollegen haben Ihre Perspektive eingebracht, später noch unsere Kollegin Lydia Haferkorn den Gedanken der Nachhaltigkeitsziele. Ich fand es spannend, wie sich das Projekt auch intellektuell entwickelt hat.
Steiger: Einen konkreten Anlass für die Reihe gab es nicht, nur den Wunsch, enger miteinander zusammenzuarbeiten. Mir ist es ein starkes Anliegen, Stadt und Wissenschaft enger miteinander zu verzahnen. Die Auswirkungen internationaler Herausforderungen des 21. Jahrhunderts für die lokale Ebene ergab sich als Thema, auch um ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Da ist es natürlich jetzt wirklich doppelt schade, dass wir aufgrund der Corona-Krise nicht im Kulturpalast miteinander sprechen konnten.
Ursprünglich sollte die Reihe im Dresdner Zentrum, im Kulturpalast stattfinden. Die Maßnahmen zum Schutz vor dem Corona-Virus haben die Vorträge ins Internet verlagern lassen. Welche Auswirkungen hatte das auf die Planung, auf die Koordinierung?
Löffler: Wenn etwas nicht geht, dann müssen wir eben umplanen. Ich denke, wirklich glücklich war keiner mit unserer Lösung, und trotzdem haben wir es gewagt. Dafür ist es wirklich gut gelaufen. Schade finde ich, dass wir den Kulturpalast als exponierten Ort in der Stadtgesellschaft Dresdens nicht nutzen konnten. Ich hatte mir dort, im Zentrum der Stadt, eine lebendige Debatte mit und von den Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt. Ich hoffe jetzt, die Menschen werden im Wintersemester kommen, wenn wir auch wieder analoge Veranstaltungen organisieren.
Steiger: Nicht jeder hat zu Hause eine Internetverbindung oder fühlt sich sicher im Umgang mit dem Internet. An einer Online-Veranstaltung teilzunehmen ist doch eine große Hürde. Ich glaube, wir haben damit schon den einen oder die andere Teilnehmer verloren. Auch unser Ziel, in die Stadtgesellschaft hineinzuwirken, konnten wir so nicht erreichen. Denn natürlich ist so eine Veranstaltung auch eine Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen für Menschen, die sonst nicht die Gelegenheit dazu haben, weil sie sich gar nicht begegnen würden. Das ist insgesamt sehr wichtig und für Dresden und Sachsen im Besonderen.
Herr Löffler, wen haben Sie denn erwartet? Wer war denn die anvisierte Zielgruppe, das im Kulturpalast stattgefunden?
Löffler: Die Dresdner Stadtgesellschaft, das etwas ältere, bildungsbürgerliche Publikum in Dresden war ein Teil unserer Zielgruppe, aber auch die Studierenden der TU Dresden. Nach meiner Wahrnehmung hatten wir im Netz bisher ein sehr akademisches. Publikum. Aber Herr Steiger, Sie können besser Auskunft geben, ob Ihre Studierenden teilgenommen haben.
Steiger: Ich habe viele Namen wiedererkannt, aber das nahm besonders zur beginnenden Prüfungszeit hin auch ab. Für die Studierenden ist das jetzt aber auch eine sehr, sehr schwierige und belastende Zeit. Momentan wird ihnen viel abverlangt.
31 Personen haben im Durchschnitt zugeschaut. Sind Sie zufrieden mit dem Ausgang?
Löffler: Es war die zweitbeste aller Möglichkeiten. Im Kulturpalast hätten wir zwischen 30 und hundert Menschen begrüßt.
Steiger: Es ist kein schlechtes Ergebnis, aber zufrieden bin ich damit nicht. Wir machen solche Veranstaltungen, um Publikum zu erreichen. Aber nach allem, was ich auch von anderen gehört habe, ist das ein sehr, sehr ordentliches Ergebnis. Bei einer Veranstaltung waren es sogar mehr als 50 Teilnehmende und ich hoffe, dass sich das mit dem zweiten Teil der Reihe verbessert.
Im Sommer hatten Sie das Thema „Mensch und Umwelt“ vorangestellt, im Winter geht es um „Mensch und Technik“. Wie kam es zu diesen Schwerpunktsetzungen?
Steiger: Die Nachhaltigkeitsziele waren unser Ankerpunkt und dann haben wir getrennt in aktuelle internationale Themen jenseits der klassischen Außenpolitik, wo internationale, regionale und lokale Interaktion stattfindet, im Idealfall mit Bezug zu Sachsen. Dann haben wir noch einmal einen harten Schnitt gemacht. Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Internet auf die eine Seite und mehr gesellschaftspolitische, internationale oder transnationale Themen auf die andere. Für den ersten Teil der Veranstaltung kamen so Hunger, Gesundheit, Viren, Populismus, Amerika, China und Demografie zustande. Das sind die relevanten Themen, die uns auch in den nächsten zehn, zwanzig Jahren beschäftigen werden.
Veranstaltungen bis 1.000 Menschen sind wieder unter bestimmten Rahmenbedingungen erlaubt. Wie wird die Reihe fortgesetzt?
Löffler: Im Grunde ist es fast ironisch. Jetzt machen wir die digitalen Themen analog und die analogen digital.
Steiger: Angedacht ist die Reihe jetzt als hybride Veranstaltung: Wir treffen uns im Kulturpalast und übertragen gleichzeitig auch darüber hinaus. Wir können damit das Beste beider Welten verbinden, nämlich dass diejenigen, die nicht vor Ort sein können, trotzdem daran teilnehmen können und eben auch, dass sich Menschen treffen und vor Ort diskutieren. Deswegen freue ich mich auch auf diese Form, denn wir lernen ja auch immer wieder etwas Neues.
Ist denn angedacht, diese Reihe über das Wintersemester fortzusetzen?
Löffler: Ich würde sagen, bis zu unserer Rente machen wir hier weiter. Entschieden haben wir noch nichts, aber denkbar ist es auf jeden Fall.
Steiger: Ich freue mich sehr über Ihre Antwort, lieber Herr Löffler. Von meiner Seite besteht weiterhin großes Interesse an der Zusammenarbeit.
Gibt es denn schon ein Thema, was in der Luft liegt?
Steiger: Wir müssten bei den Themen mehr in die Tiefe gehen und spezieller werden. Zwei große Trends des 21. Jahrhunderts, die wir noch nicht behandelt haben, sind Migration und ökonomische Themen auch im Angesicht der Pandemie.