Was sind Verschwörungstheorien?
Als „Verschwörungstheorien“ werden Gedankenmodelle bezeichnet, die davon ausgehen, dass sich eine Personengruppe im Geheimen zusammentut, um politische und kulturelle Ereignisse zu steuern oder gar zu erschaffen. Diese Verschwörungen haben, so die Behauptung, gemein, dass sie den Interessen oder der Bereicherung der Verschwörerinnen und Verschwörer dienen und zu Lasten des Großteils der Bevölkerung vollzogen werden. Je nach Variation kann es sich dabei um die Anhäufung von Geld, Macht oder gar um okkulte, theologische Motive handeln.
Der Inhalt dieser Theorien ist keiner Wahrheitsprüfung zugänglich. Durch ihren Aufbau als „geheimes Wissen“ werden Fakten, welche die Verschwörung widerlegen und den oft vorliegenden paranoiden Charakter der Verschwörungstheorie offenlegen, als Teil der Verschwörung abgetan. Verschwörungstheorien sind daher definitionsgemäß nicht wahr – obgleich sie in aller Regel auch auf Teilbehauptungen basieren, die überprüfbar und wahr sind oder sein können. Würde sich der Inhalt einer Verschwörungstheorie als wahr herausstellen, fände der Begriff keine Anwendung mehr.
Theorien, Erzählungen, Mythen, Ideologien? Eine kleine Begriffsklärung.
Aus diesem Grund wird der Begriff „Verschwörungstheorien“ von vielen Expertinnen und Experten abgelehnt, da eine Theorie im wissenschaftlichen Sinne immer so aufgebaut sein muss, dass sie auch widerlegt werden kann, dass die Möglichkeit des Irrtums also immer Teil der Behauptung sein muss. Stattdessen werden die Begriffe „Verschwörungserzählung“, „Verschwörungsmythos“ und „Verschwörungsideologie“ gebraucht.
„Verschwörungserzählung“ ist der neutralste Begriff zur Beschreibung der Behauptung einer Verschwörung. Erzählungen können wahr oder falsch sein, in jedem Fall stellen sie zunächst keinen Anspruch auf Wahrheit im wissenschaftlichen Sinne. „Verschwörungserzählung“ beinhaltet also alle anderen hier genannten Kategorien und weist gleichzeitig daraufhin, dass die Behauptung einer Verschwörung immer auch selbst ein politisches Interesse beinhaltet: „Erzählungen“ sind auch im neutralen Sinn eine gängige Bezeichnung für die Darstellung eines Sachverhalts, der zum Handeln motivieren soll. Eine Verschwörungserzählung will nicht nur „aufklären“, sie will selbst auch politische Effekte erzielen.
„Verschwörungsmythen“ sind Behauptungen, die die vermeintliche Verschwörung aus einer langen Vergangenheit herleiten. In der Sprachwissenschaft stellt der „Mythos“ das Gegenstück zum „Logos“ dar. Während Letzterer die Sprache meint, die als Instrument zur Vermittlung von Information dient („logisch“), wird der Mythos benutzt, um sagenhafte und religiöse Erklärungen über Generationen weiterzureichen. Mythen sind also nicht dann wahr, wenn sie sich logisch begründen lassen, sondern wenn sie „schon immer wahr waren“. Verschwörungsmythen sind daher eher Rahmen für konkrete Behauptungen, zum Beispiel die Mythen vom Kampf des Guten gegen das Böse oder bestimmter „Volksgruppen“. Mythologische Sprache spielt z.B. eine Rolle im jahrhundertealten Antisemitismus oder auch in der vermeintlichen Rückbesinnung auf germanische Mythologie im rechtsextremen Denken.
„Verschwörungsideologien“ hingegen liegen dann vor, wenn die Behauptung einer Verschwörung zu einem geschlossenen Weltbild führt, welches sämtliche Beobachtungen zu gesellschaftlichen oder gar alltäglichen Vorgängen vermeintlich erklärt. Phänomene werden dann „ideologisch“, also nicht mehr ergebnisoffen betrachtet und mit einem Urteil versehen, bevor es überhaupt zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung kommen kann. Der Begriff der „Ideologie“ ist jedoch in der Politikwissenschaft wie auch in der Philosophie umstritten, da es sich in der Regel um eine äußere Zuschreibung und damit um einen politischen Kampfbegriff handelt. So ist es nicht unüblich, dem politischen Gegner auch im parlamentarischen Alltag ein ideologisches Denken oder Handeln zu unterstellen, unabhängig vom Inhalt oder den politischen Positionen desselben.
Wir haben uns für diese Seite dennoch für den Begriff der „Verschwörungstheorie“ entschieden, da er der die am weitesten verbreitete Beschreibung des Phänomens ist.