Die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung (SLpB) stellte am Dienstag, dem 12. Januar, die erste Überblicksstudie zum Ehrenamt in Sachsen vor: "Engagement in Sachsen - Wofür sich Menschen einsetzen und welchen Rahmen es braucht". Im Freistaat gibt es mehr als 30.000 Vereine und mehr als drei Viertel davon haben weniger als 100 Mitglieder. Ihren Sitz haben die meisten von ihnen in einer kleinen Gemeinde oder Kleinstadt. Auf 92 Seiten präsentiert die Studie nun erstmals eine Gesamtschau über Inhalte, Organisationsgrade und -formen sowie gesellschaftspolitische Anliegen dieser sächsischen Zivilgesellschaft. Alle Informationen zur Studie und die Studie zum Download gibt es hier.
Im Auftrag der SLpB wurde "Engagement in Sachsen" erarbeitet von "Zivilgesellschaft in Zahlen", einem Think-and-Do-Tank im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft in Berlin, sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Halle-Wittenberg. Die Studie kostete rund 37.400 Euro. Insgesamt mehr als 300 Vereine, Stiftungen und andere Organisationen nahmen an der quantitativen Erhebung teil. Für den qualitativen Teil der Studie interviewten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehr als 30 Expertinnen und Experten zum Thema Ehrenamt. Ein besonderer Fokus lag dabei auf den Städten Leipzig, Bautzen und Reichenbach.
"Unser Haus verfolgt das Ziel, über Angebote der politischen Bildung die sächsische Zivilgesellschaft zu stärken, politische Partizipation und gesellschaftliche Verantwortungsübernahme zu fördern. Damit wir wissen, wie die sächsische Zivilgesellschaft aufgebaut ist, welches Bild sie von sich selbst hat, und was sie von Land und Kommunen erwartet, braucht es eine Bestandsaufnahme. Das leistet diese neue Studie", sagte dazu Dr. Roland Löffler, Direktor der SLpB. "Wir erhoffen uns eine breite Debatte, wohin sich die sächsische Zivilgesellschaft in den nächsten Jahren entwickeln will, welche Unterstützung sie braucht, welche Aufgaben sie aber auch alleine lösen will. Engagementpolitik sollte einen breiteren Raum in der Landes- und der Kommunalpolitik einnehmen."
Dr. Holger Krimmer wertete gemeinsam mit Jana Priemer, frühere Leiterin des Bereichs organisierte Zivilgesellschaft bei ZiviZ, mehr als 300 beantwortete Fragebögen von Vereinen, Stiftungen und Genossenschaften in Sachsen aus. Vor allem in den Bereichen Sport, Kultur, Bildung und Soziales seien Freiwillige in Sachsen engagiert, stellten sie fest. Und auch jenseits der Vereine sei die Zahl der Engagierten im Freistaat in den vergangenen Jahren leicht angestiegen. Allerdings: "Je kleiner die Städte umso schwieriger ist es, Engagierte zu mobilisieren", sagte Dr. Holger Krimmer.
Mit einem Team der Universität Halle-Wittenberg interviewten Dr. Holger Backhaus-Maul und Dr. Rudolf Speth mehr als 30 sächsische Expertinnen und Experten rund um die Themen Ehrenamt und Engagement. Einen speziellen Fokus legte das Team auf die Regionen Leipzig, Bautzen sowie Reichenbach im Vogtland. "Die Ehrenamtlichen sagen sehr dezidiert, wir sind konstruktiv, wir leisten etwas, wir wollen einer gesellschaftlichen Polarisierung und Zersetzung im Land entgegenwirken", erklärte Dr. Holger Backhaus-Maul. Doch es fehle dem Ehrenamt an Frauen und an jüngerem Nachwuchs, insbesondere junge Menschen fänden eher neue Formen, sich einzubringen. Die sächsischen Engagierten wünschten sich außerdem nicht unbedingt mehr Geld, sondern weniger Bürokratie.
Unter dem Titel "Ehrenamt in der Krise?" diskutieren heute Abend, ab 19 Uhr, Katrin Sachs, Geschäftsführerin der Bürgerstiftung Dresden, Dr. Holger Krimmer und Dr. Rudolf Speth und Dr. Backhaus-Maul über die Frage, ob die Coronakrise dem Ehrenamt einen Schub oder möglicherweise einen Dämpfer verpasst hat. Die Runde findet auf der online-Plattform Zoom statt. Am 1. Februar folgt die online-Diskussion unter dem Motto "Ehrenamt - und das liebe Geld", am 22. Februar "Ehrenamt - und der Nachwuchs". Weitere Veranstaltungen in den Regionen sind geplant. Am Dienstag, dem 18. Januar, veröffentlicht die SLpB außerdem ein #wtf-Heft zum Thema Ehrenamt. Begleitet wird die Publikation der Studie zudem von einer Kampagne in den sozialen Medien. Die SLpB produzierte kurze Filme, die sich mit ausgewählten Inhalten der Studie auseinandersetzen und Menschen hinter dem Engagement vorstellen.
Die Pressekonferenz fand am 12. Januar 2021 statt.