Frau Quadt, gemeinsam mit dem EUROPE DIRECT Informationszentren Dresden veranstalten Sie die Reihe „Europa am Morgen“. Wie ist die Idee entstanden?
Grundsätzlich wollen wir Europa nach Sachsen bringen. Und ausgehend davon stellte sich uns die Frage, wie wir einen Bezug herstellen können zwischen europäischen und sächsischen Themen. Unser Konzept sieht darum vor, dass wir zu jeder Veranstaltung jemanden einladen, der oder die tätig ist auf EU-Ebene oder aus einem der Mitgliedsstaaten stammt und wir holen jemanden dazu, der zu diesem Thema die sächsische Perspektive vertritt.
Warum am Morgen? Neun Uhr ist keine klassische Zeit für Angebote politischer Erwachsenenbildung.
Wir wollten einfach ein neues Format ausprobieren. Abends erreichen wir vermutlich immer wieder die gleichen Zielgruppen und wir hatten vor, unser Spektrum zu erweitern, möglicherweise auch Menschen zu gewinnen, die beruflich mit dem Thema Europa zu tun haben, die bei bestimmten Ämtern arbeiten, in Stadtverwaltungen, Verbänden, Vereinen oder auch Studierende, die sich mit dem Thema beschäftigen. Tatsächlich ist uns das mit den drei Veranstaltungen seit Ende vergangenen Jahres auch gelungen. Neun Uhr ist, denke ich, ein ganz guter Start in den Tag. Unsere Vorstellung war unter anderem, dass jemand sich das vielleicht früh auf Arbeit anschaut und dann auch darüber mit Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch kommt, dass sich unser europäisches Thema über die Kaffeepause weiterträgt.
Was sagt das Publikum dazu?
Nach der ersten Veranstaltung hatten wir die Teilnehmenden kurz befragt, ob die Zeit ansprechend ist, auch dass die Runde nicht länger als eine Stunde dauert. Zumindest die 40 Menschen, die unser erstes „Europa am Morgen“ zum Thema Brexit besucht hatten, haben uns bestätigt, dass unsere Idee für sie funktioniert. Länger als eine Stunde darf so eine Diskussionsrunde am Vormittag nicht sein, haben wir festgestellt. Nach einer Stunde verabschieden sich die Leute allmählich, dann beginnen sie mit ihrem regulären Tagesprogramm.
Wie langfristig entwickeln Sie die Themen, zu denen Sie dann einladen?
Zum Thema Asyl wollten wir ursprünglich schon im vergangenen Jahr eine Veranstaltung organisieren. Das EU-Asylpaket, obwohl es schon im vergangenen Herbst beschlossen wurde, wurde aufgrund der Corona-Pandemie als Thema nur sehr punktuell aufgegriffen. Wir wollten das vertiefen und das Asylpaket und seine Auswirkungen und Bedeutung auch für den Freistaat in den Mittelpunkt stellen. Stattgefunden hat „Europa am Morgen“ zum Thema Asylpaket nun zu Beginn dieses Jahres. Und nach dieser Veranstaltung haben wir gemerkt, dass die Teilnehmenden noch einen sehr hohen Gesprächsbedarf haben, noch sehr viel mehr Daten und Fakten kennenlernen möchten – weswegen wir relativ spontan noch eine zusätzliche Abendveranstaltung Ende März organisiert haben.
Sozusagen „Europa am Abend“…
Das ist unser Angebot: eine vertiefende Veranstaltung für die Menschen, die über ein Thema weiterreden wollen und für diejenigen, die morgens doch keine Möglichkeit hatten, teilzunehmen. Bei „Europa am Morgen“ gibt es immer ein neues Thema mit neuen Leuten. Wenn wir allerdings beobachten, dass sich dort ein weiterer Gesprächsbedarf ergibt, schaffen wir in einer Abendveranstaltung die Möglichkeit, weiterzureden. Die Idee hatte sich aus dem Bedarf heraus ergeben und wir konnten schnell reagieren und organisieren.
Ist das möglicherweise auch ein Vorteil dieses Online-Formates, dass es ein Konstrukt zulässt, das sich flexibel entwickeln und den Bedürfnissen des Publikums anpassen kann? Oder haben Sie geplant, „Europa am Morgen“ analog zu veranstalten, sobald die Pandemie-Situation das zulässt?
Ich gehe davon aus, dass wir bei der Veranstaltung das Online-Format beibehalten. Einfach auch aus dem Grund, dass wir sehr unkompliziert Leute aus Brüssel oder einem Mitgliedsland oder auch aus Berlin nach Dresden oder eben irgendwo nach Sachsen holen können. Es ist unkomplizierter und günstiger und allein schon deswegen wollen wir beim Online-Format bleiben. Es ermöglicht außerdem sehr vielen Menschen aus allen möglichen Teilen Sachsens oder auch Europas auf relativ einfache Weise Zugang zu unserem Angebot. Ich denke, dass, selbst wenn Corona abklingt und Veranstaltungen vor Ort wieder möglich sind, die Leute doch gelernt haben, wie man Online-Tools verwendet und sich weiterhin auch zu einem Webtalk einloggen werden.
Wenn er sich so unkompliziert organisieren lässt – warum findet der Europa-Talk nur alle zwei Monate statt?
Der organisatorische Aufwand im Hintergrund ist für eine Veranstaltung einmal im Monat schon recht groß. Wir wollten uns zudem auch den Raum für die Vertiefungen offenhalten und flexibler bleiben in der Themenwahl.
Ist „Europa am Morgen“ angelegt als Informationsveranstaltung oder richtet es sich an Menschen, die bereits informiert sind und diskutieren wollen?
Die Reihe ist zweigeteilt. Zu Beginn haben die Fachleute Zeit, zu Wort zu kommen. Danach lassen wir den Raum für Diskussionen und Gespräche untereinander. Für uns dient „Europa am Morgen“ der Information. Die Reihe richtet sich trotzdem an Menschen, die mit dem Thema bereits zu tun hatten und darüber reden wollen. Gerade beim Asylthema haben wir das sehr stark mitbekommen und auch beim Thema Brexit gab es viele Betroffene unter den Teilnehmenden.
Was sind die Themen der kommenden Veranstaltungen? Wie lange planen Sie vor?
Zumindest bis Juni stehen unsere Themen bereits fest. Am 24. März gibt es die Vertiefung zum EU-Asylpaket mit drei Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Gleich eine Woche später geht es dann um den europäischen Green Deal und darum, wie wir die Energiewende mithilfe der EU gerade im Dreiländereck mit Tschechien und Polen besser umsetzen können und welche Streitpunkte es gibt. Ich würde gern schauen, ob es auch Initiativen gibt, die länderübergreifend dazu beitragen, die Energiewende positiv zu gestalten.
Zu jeder Veranstaltung gibt es eine eigene Podcast-Folge…
Auch das ist ein Angebot zur thematischen Vertiefung. Innerhalb einer Stunde mit zwei Fachmenschen und vielen Fragen und Anregungen aus dem Publikum kann man kein Thema zu Ende diskutieren. Mit dem Podcast stellen wir einen weiteren Gesprächspartner vor, der oder die dann eine neue Perspektive zum Thema einbringt und vertieft.
Inwiefern bestimmen die Bürgerinnen und Bürger mit, worüber sie bei „Europa am Morgen“ reden werden?
Gerade Fragen, die wir während der eigentlichen Veranstaltung nicht mehr beantworten konnten, greifen wir gern im Podcast auf. Und wir fordern die Teilnehmenden immer wieder dazu auf, uns ihre Fragen auch im Vorfeld per Email zu schicken. Wir freuen uns über Impulse. Unsere Reihe soll schließlich auch interaktiv und lebendig sein.