"Was.Schule.Bewegt" ist der Titel einer neuen Veranstaltungsreihe der Landeszentrale für politische Bildung in Kooperation mit der Schulstiftung der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens . Frau Nothnagel, was bewegt denn Schule?
Genau das will ich ja herausfinden. Wir wollen mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern darüber ins Gespräch kommen, was sie tatsächlich bewegt. Dafür setzen wir ein Rahmenthema, in den ersten beiden Veranstaltungen ist das "#Corona #Schule #Digitalisierung", und da können die Anwesenden dann in jedwede Richtung diskutieren. Wir setzen darauf, dass die spezifischen Themen, die die Menschen mitbringen, dann auch diskutiert werden. Darüber hinaus ist es möglich, dass innerhalb der Reihe neue Themen aus dem Kreis der Teilnehmenden entstehen können. Wir haben Termine, die thematisch noch komplett offen sind.
Der Titel der Reihe eröffnet viel Raum zur Interpretation. Was meinen Sie damit?
Er ist ein bisschen doppeldeutig. Zum einen wollen wir abholen, was die Menschen umtreibt und zum anderen beschreibt er den Charakter der Diskussion, wie wir sie uns wünschen. Wir treffen uns nicht, um über alles zu schimpfen, sondern wollen die Diskussion so fokussieren, dass wir gemeinsam herausarbeiten, wie wir Schule auch bewegen können im Sinne von Entwicklung. Was kann jeder Einzelne tun? Welche Erfahrungen haben andere, sodass wir miteinander und voneinander lernen können, um selber für uns etwas zu bewegen.
Ist das damit ein Format allein für Pädagoginnen und Pädagogen?
Wir möchten all jene ansprechen, die sich beruflich, aber auch persönlich berufen fühlen, konstruktiv über das Thema Schule zu sprechen. Das können Eltern sein, das können Lehrerinnen sein, das können Schülerinnen und Schüler sein oder auch externe Kooperationspartner. Es können auch Menschen sein, die aus anderen Bundesländern kommen. Ich denke, dass der Föderalismus hier ein spannendes Feld ist, zu schauen, wie andere Bundesländer bestimmte Dinge lösen. Und ich bin sehr froh, dass wir diesen digitalen Raum dafür nutzen können. Es hat für mich großes Potenzial, dass schnell und niedrigschwellig Menschen aus anderen Bundesländern mit uns in die Diskussion treten können.
Also handhaben Sie es nicht so, dass ein Experte, eine Expertin referiert und im Anschluss stellt ein Publikum Fragen?
Wir haben eine Teilnehmendenbegrenzung, damit eine gute Interaktion möglich ist. Der Anspruch von "Schule im Dialog" ist, die Diskussionskultur zu stärken. Zentral ist dabei, dass ich weiß, mit wem ich spreche und wer mit im Raum ist. Der weitere Verlauf der Diskussion ist dann abhängig davon, wie viele Leute da sind und ob wir zum Beispiel auch in Kleingruppen diskutieren. Wir wollen eine Diskussion auf Augenhöhe. Gemeinsam mit den Kolleginnen der evangelischen Schulstiftung verstehe mich dort als Moderatorin. Die Expertinnen und Experten sind die Teilnehmenden. Jeder Teilnehmende ist der Fachmensch für sein Tun und für seine Erfahrungen, die er oder sie mit anderen teilt und austauscht.
Das beschreibt schon einen großen Unterschied zu Veranstaltungen, die wir normalerweise erleben. Was gab dafür den Anstoß?
Die Idee zu der Reihe ist im Frühsommer des letzten Jahres entstanden, als wir coronabedingt einige Diskussionsformate ausprobiert haben. Dort habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Interesse an so einem Format groß ist. Insbesondere im Zusammenhang mit der Kernzielgruppe Lehrerinnen und Lehrer ist es extrem niedrigschwellig, sich nachmittags online einfach zuzuschalten und aus seinem eigenen Kosmos ein Stück weit raus und in den Austausch zu kommen mit Kolleginnen und Kollegen, denen es ähnlich geht, die aber einen anderen Erfahrungshintergrund haben. Das habe ich aufgegriffen und schon im Sommer gesagt, dass ich überlege, das im Herbst fortzuführen, unabhängig von irgendwelchen Lockdown-Szenarien. Die Kolleginnen der Evangelischen Schulstiftung haben seinerzeit schon einzelne Veranstaltungen unterstützt. Mit diesen guten Erfahrungen sind wir nun auch eine Kooperation bei diesem Format eingegangen.
Um noch einmal zurückzukommen auf die Fachleute – davon haben Sie explizit also keine eingeladen?
Ich finde spannend, dass sich tatsächlich sogenannte Experten, also Menschen, die aufgrund ihrer Professionalisierung ein Spezialwissen haben, zufällig auch als Teilnehmende anmelden. Zum Beispiel Magret Rasfeld, Geschäftsführerin der Initiative "Schule im Aufbruch". Das andere ist, wenn sich beispielsweise aus dem Prozess der Diskussion ein Thema entwickelt, zu dem wir einen Experten, eine Expertin zu Wort kommen lassen wollen, können wir relativ schnell jemanden hinzuziehen. Und ob die Person dann in London sitzt oder in oder in Tokio oder in Berlin ist dann nicht ausschlaggebend.
Trotzdem sind erst einmal nur zehn Veranstaltungen geplant. Woran liegt das?
Das liegt daran, dass man für jedes Projekt auch ein Ende setzen muss. Wir wollen evaluieren, ob die Ziele, die wir damit verfolgen auch erreichen. Das heißt allen voran, ob tatsächlich ein Bedarf da ist. Wenn der Bedarf da ist, kann ich mir vorstellen, dass wir das auch fortführen. Ich wurde schon mehrfach gefragt, ob wir es dann nicht auch größer machen können, ähnlich wie die Vernetzungstagung und noch viel offener.
Was ist das übergeordnete Ziel der Reihe?
Das leitet sich ab aus dem Angebot "Schule im Dialog Sachsen". Uns geht es um die Weiterentwicklung der Diskussionskultur, also dass die Menschen tatsächlich thematische Bedürfnisse konstruktiv mit anderen teilen können. Wir wollen den Menschen eine Möglichkeit geben, selbst Entwicklung voranzutreiben. Wir wollen sie darin unterstützen, Mut zu finden, sich bestimmte Ziele zu vergegenwärtigen und tatsächlich in einem konkreten Arbeitsumfeld für sich etwas zu verbessern, etwas weiterzuentwickeln und auch die Dinge, die sie ausprobiert haben, die gut funktionieren, anderen zu zeigen.
In Bezug auf die Themen – angesichts der derzeit herrschenden Situation und Debatte, liegt es auf der Hand, das Thema Homeschooling und Corona aufzugreifen. Wie kam es, dass sich die dritte Veranstaltung dem Antisemitismus widmet?
In der Vergangenheit hatte ich immer wieder Anfragen von Schulen, die das Thema aufgerufen haben. In meiner Wahrnehmung war das Thema aktuell gar nicht mehr so präsent für Schule. Deswegen auch die Frage: Müssen wir darüber sprechen? Fälle von Antisemitismus sind im Freistaat Sachsen in den letzten Jahren tendenziell gestiegen. Und wir wollen da der Frage nachgehen, wie sich das Thema in den Schulen spiegelt und welche Erfahrungen es gibt, wo Lehrkräfte oder auch Schülerinnen und Schüler Unterstützung brauchen und welche Unterstützung überhaupt geeignet ist. Für die kommenden Veranstaltungen gibt es außerdem jetzt schon Bedarfe an anderen Themen. Im März wird es einen Termin geben zum Thema Interkulturalität, im Februar eine Veranstaltung zum Thema Berufsorientierung. In Pandemiezeiten sind viele Instrumente, die wir sonst haben für Schülerinnen und Schüler zur Berufsorientierung an den Schulen völlig verloren gegangen und wir wollen schauen, welche Erfahrungen es gibt.
Sie kooperieren mit der evangelischen Schulstiftung. Warum?
Die Kooperation mit der Schulstiftung ermöglicht es, auch Perspektiven eines evangelischen Bildungsverständnisses und die Sicht freier Schulen aufzunehmen.