Originalgetreu wollte der Verein „Bautzener Liedertafel“ die 1950 abgerissene, beinahe drei Meter hohe Bismarck-Statue auf dem Berg Czorneboh wieder aufbauen: Mit Pickelhaube, Uniform und Eisernem Kreuz. Der daraufhin entfachte kommunalpolitische Streit in Bautzen sorgte überregional für mediale Aufmerksamkeit: Nicht zuletzt deshalb, weil mit Oberbürgermeister Alexander Ahrens ein Sozialdemokrat den Antrag der AfD- und Pegida-nahen „Liedertafel“ unterstützte. Ende November 2021 entschied der Bautzener Stadtrat sich schließlich gegen das umstrittene Projekt.
Doch der Umgang mit dem Erbe Preußens, und damit auch mit Militarismus und Nationalismus, ist nicht nur eine lokalpolitische Angelegenheit – wie etwa der Streit um den Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam zeigt. Und so spaltet auch die Figur des ehemaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck (1815 -1898) bis heute die öffentliche Meinung. Von manchen wird er verehrt und bewundert, von anderen geschmäht oder gar verachtet. In den Bildern und Mythen, die sich um den „Reichsgründer“ ranken, verschwinden die historische Persönlichkeit und Bismarcks politisches Werk bisweilen komplett. Woher kommt es, dass er nach über 130 Jahren noch immer eine Rolle spielt – und als Projektionsfigur für aktuelle politische Strömungen dient?
Über das Thema „Der ‚Eiserne Kanzler‘ als schwieriges Erbe“ diskutieren der kanadische Historiker Prof. Dr. James Retallack, die Historikerin Dr. Eva Maria Schnurr, Wissenschafts-Redakteurin beim Spiegel, und Dr. Justus H. Ulbricht, Dresdner Historiker und Publizist. Moderiert wird die Online-Veranstaltung von Dr. Roland Löffler, Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung. Wir freuen uns auf eine spannende Diskussion und laden alle Gäste ein, sich zu beteiligen.
Zeit: Dienstag, 8.3.2022, 18:00 -19:30 Uhr
Anmeldungen sind unter diesem Link möglich: https://zoom.us/j/98984077546
Weitere Informationen finden Sie hier.
Über die Gäste:
Prof. Dr. James Retallack lehrt seit 1987 an der Fakultät für Geschichte der Universität Toronto. Er forscht zur deutschen Geschichte, vor allem zum Zeitraum von 1848 bis 1918. Zurzeit schreibt er an einer Biographie August Bebels. Außerdem erscheint 2022 eine neu ergänzte, zweite Auflage des digitalen Quellenbands „Reichsgründung: Bismarcks Deutschland (1866–1890)“.
Dr. Eva Maria Schnurr ist Wissenschaftsjournalistin und Historikerin. Seit 2013 ist sie Redakteurin beim Magazin „Der Spiegel“ und leitet dort seit 2019 das Ressort Geschichte. Zuvor arbeitete sie unter anderem als Autorin für „Die Zeit“ und „Stern“. Sie ist Absolventin der Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg.
Dr. Justus H. Ulbricht ist Historiker, Literaturwissenschaftler und Publizist. Er ist Dozent an der Universität der Bundeswehr München. Gemeinsam mit Uwe Puschner und Walter Schmitz ist er Herausgeber des „Handbuchs zur ‚Völkischen Bewegung‘ 1871–1918“ und hat zahlreiche weitere Schriften zu den Themen nationale Identität und Erinnerungskultur publiziert. 2016-2020 war er Geschäftsführer des Dresdner Geschichtsvereins und Redakteur der „Dresdner Hefte“ und ist heute als Geschäftsführer bei „Denk Mal Fort e.V. Die Erinnerungswerkstatt Dresden“ tätig. Vor seiner Zeit in Dresden war er 14 Jahre lang Mitarbeiter der Klassik Stiftung Weimar.