Was Corona uns lehrte: Wie für die meisten Einrichtungen und Menschen im Freistaat, war das Corona-Jahr 2020 auch für die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung (SLpB) ein herausforderndes Jahr. Die SLpB hat die Zeit vor allem dafür genutzt, ihr Online-Angebot aufzubauen und sukzessive zu erweitern. Mit mehr als 100 digitalen Veranstaltungen hat sich die Landeszentrale seit März neue Möglichkeiten erschlossen, mit den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen ins Gespräch zu kommen.
Insbesondere mit dem Projekt "Aus der Krise lernen? Offene Gesellschaft in der (Post-)Corona-Phase" wagte die SLpB von Anfang Juni bis Mitte Juli ihren ersten großen Versuch, Bürgerdebatten online zu führen. Sechs Wochen lang, insgesamt 23 mal, diskutieren Fachleute aus den verschiedensten Bereichen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens mit den Teilnehmenden darüber, was zum Beispiel Schulschließungen, leere Stadien, Kinos, Theater, Museen oder Kirchen für die Gesellschaft bedeuten. Wirtschaftliche Abhängigkeiten waren das Thema, genauso wie die Rolle der Medien und die Bezahlung von Pflegern und Medizinerinnen.
"Wir haben frühzeitig über die Folgen von Corona nachgedacht, uns den Fragen von Verschwörungsideologen gestellt und bleiben auch weiterhin bei aktuellen Themen am Ball", sagt Roland Löffler, Direktor der SLpB. "Ich bin sehr froh über die Leistung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich schnell auf die coronabedingte Situation einzustellen. Wir haben es geschafft, ein bereits geplantes analoges Programm zum Teil online zu realisieren und zugleich basierend auf diesen Erfahrungen neue Formate zu entwickeln. Diesen Weg wollen wir auch 2021 weitergehen. Eine offene Gesellschaft braucht immer auch den lebendigen und aktiven Streit, die Suche nach der besten Lösung. Diesen Prozess sollten wir gerade in Krisenzeiten nicht der Politik allein überlassen."
Dass Online aufgrund der sozialen Einschränkungen inzwischen einen höheren Stellenwert einnimmt, zeigen auch die Zugriffszahlen auf die Inhalte der SLpB-Website: Die Zahl der Besucherinnen und Besucher von www.slpb.de hat sich im Vergleich zu 2019 von 84.279 auf 205.509 mehr als verdoppelt. Davon profitierten unter anderem Veranstaltungen wie die Reihe "Was bringt die Zukunft? Glokale Trends des 21. Jahrhunderts", eine interdisziplinäre Vorlesungsreihe in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Dresden. Deren Wintersemester wird noch bis Ende Januar 2021 unter dem Motto "Mensch und Technik" fortgesetzt.
Die zunächst analog geplante Reihe "Presse- und Meinungsfreiheit weltweit" konnte sich auch online etablieren und auf aktuelle Entwicklungen reagieren, zuletzt beim Thema Pressefreiheit in der Ukraine und Belarus. Bei den bundesweiten Aktionstagen Netzpolitik und Demokratie hatte Sachsen dank der regen Beteiligung der SLpB-Kooperationspartner das bundesweit größte Angebot. Über 400 Teilnehmende haben sich dort im November in unterschiedlichsten Formaten mit Themen rund um Netzpolitik und Digitalisierung beschäftigt.
Zunächst aus der Notwendigkeit geboren, ermöglichten die neuen Online-Formate zugleich auch Menschen die Teilhabe an Inhalten politischer Bildung, die aus zeitlichen Gründen oder wegen Einschränkungen nicht den Weg zu einer analogen Veranstaltung gefunden hätten: Alleinerziehende, junge Familien, ältere Menschen, Menschen mit Handicap. Das erlaubte ein Experimentieren mit dem Medium. So lud die SLpB kurz nach der US-Präsidentschaftswahl dreimal zum "Wahlfrühstück: Geteilte Staaten von Amerika?". Das Format wird im kommenden Jahr seine Fortsetzung finden mit "Europa am Morgen" und seinen Fokus dann auf aktuelle europapolitische Entwicklungen setzen.
Die gemeinsam mit dem sächsischen Volkshochschulverband organisierte Reihe "Kontrovers vor Ort" konnte mehr als 1.300 Interessierte gewinnen und Angebote rund um 30 Jahre Mauerfall und Wiedervereinigung gehörten mit zu den gefragtesten in diesem Jahr: Die Reihe "30/30 - Generationengespräche zur Wiedervereinigung" brachte Menschen zusammen, die den Fall der Mauer im Alter von etwa 30 Jahren erlebt haben und Menschen, die heute 30 Jahre alt sind. Die digitale Ausstellung "1989 Zeitenwende - Osteuropa zwischen Friedlicher Revolution und Gewalt" mit Bildern des Fotografen Mirko Krizanovic zählte seit Ende April 2020 mehr als 3.300 Aufrufe.
Das Buch "Dein Sachsen. Das Land uns eine Verfassung", ein reich und liebevoll illustriertes Sachbuch für Kinder im Alter von neun bis zwölf Jahren führt mit 6.600 abgegebenen Exemplaren noch immer die Bestsellerliste der Landeszentrale an. 2021 soll es umgesetzt werden als interaktive Website.
Ab Beginn des kommenden Jahres widmet sich die SLpB verstärkt dem bürgerschaftlichen Engagement in Sachsen. Am 12. Januar wird sie eine umfassende Übersichtsstudie zum Thema vorstellen. Weitere Veranstaltungen zum Ehrenamt in Sachsens sind - sowohl virtuell als auch analog - für 2021 geplant, ebenso Wahlforen im Vorfeld der Bundestagswahl, weitere Reihen und Tagungen. Höhepunkt des Jahres - aus Sicht des Hauses - dürfte vor allem aber der 30. Geburtstag der SLpB am 5. Juli in Bautzen sein. Laudator im Deutsch-Sorbischen-Volkstheater Bautzen ist dann Bundespräsident a.D., Joachim Gauck.