Parteiname und Abkürzung | Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW), Landesverband Sachsen |
Kontaktdaten Landesverband | c/o Sabine Zimmermann, Jörg Scheibe vorübergehendes Büro: |
Die erst im Januar 2024 auf Bundesebene – und sodann am 24. Februar in Chemnitz auch mit einem sächsischen Landesverband – gegründete Partei Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) ist wegen ihrer erst kurzen Existenz in mancherlei Hinsicht bislang schwer politisch einschätzbar. Nachdem die Namensgeberin und vormalige Bundestagsabgeordnete von DIE LINKE schon im Laufe des Jahres 2023 wiederholt mit einer Abspaltung kokettiert hatte, wurde diese sowie die Parteigründung nun offiziell vollzogen, damit die rechtlichen Formalitäten (Einholung von Unterstützerunterschriften etc.) zur Teilnahme sowohl an der Europawahl als auch an den sächsischen Kommunalwahlen und den drei Landtagswahlen des Jahres 2024 rechtzeitig abgeschlossen werden konnten. Obwohl der sächsische Landesverband ein eigenes Landesbüro gerade erst einrichtet und einstweilen am besten direkt über die Landesvorsitzenden Sabine Zimmermann und Prof. Jörg Scheibe zu erreichen ist, scheint die Neugründung das bisherige Parteiengefüge bereits jetzt gehörig durcheinander zu rütteln: Aus dem Stand werden dem BSW in Umfragen der Monate April und Mai 2024 Ergebnisse um 11 Prozent bei der sächsischen Landtagswahl zugetraut.
Das Ende Mai 2024 beschlossene Wahlprogramm des BSW zeigt, dass die Partei manche klassisch linken Standpunkte mit einigen als eher rechtskonservativ eingestuften Positionen verbindet. So vertritt das BSW in wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen mit Forderungen nach einer verbesserten öffentlichen Infrastruktur sowie nach mehr sozialer Gerechtigkeit eine der LINKEN und teilweise der SPD in Ansätzen ähnliche Programmatik. Zugleich wird jedoch, erstens, nicht nur die bisherige Asylpolitik, sondern auch an sich die aktuell hohe Zuwanderung nach Deutschland mit großer Skepsis bis Ablehnung betrachtet. So forderte Frau Wagenknecht beispielsweise im März 2024 einen Krisengipfel im Kanzleramt zur gestiegenen Ausländerkriminalität. Zweitens spricht sich das BSW – unter dem Banner des Friedens und unter Berufung auf Willy Brandt und Michail Gorbatschow – für eine neue Ausrichtung der Politik gegenüber Russland aus. Anstelle der immer weiteren Militarisierung in Deutschland müsse trotz und wegen des todbringenden russischen Angriffskrieges auf die Ukraine dringend darüber nachgedacht werden, ob sich der Frieden nicht nur auf dem Verhandlungsweg erreichen ließe, selbst wenn dies de facto bedeutete, dass die Ukraine mindestens die von Russland eroberten Teile ihres Territoriums aufgeben müsste. Schon vor ihrer Parteigründung erhielt Sahra Wagenknecht 2023 für solcherlei Äußerungen lobende Worte von der AfD, die ihr zugleich die Aufnahme in ihre Partei anbot. Vor diesem Hintergrund wird insgesamt deutlich, dass das BSW sowohl am linken als auch am rechten Rand des politischen Spektrums Wählerpotentiale anspricht und diese den bislang eigentlich dort verorteten Parteien teilweise zu entziehen droht. Genau darum ist der Einfluss des BSW auf das sächsische Wahlergebnis so relativ unwägbar, und zwar auch gänzlich ungeachtet des Umstandes, dass bei der sächsischen Landtagswahl viele wichtige Anliegen der BSW eigentlich gar nicht zur Wahl stehen. So wird natürlich über die Außen- und Sicherheitspolitik bundespolitisch entschieden. Allerdings werden manche Auswirkungen der Bundespolitik direkt vor Ort wahrgenommen, etwa im Bereich der Asylpolitik.
Ansonsten ist eine speziell sächsische programmatische Profilierung des BSW-Landesverbandes gerade im Bereich der Bildungspolitik erkennbar, wo ein Smartphone-Verbot bis zur 6. Klasse und für die Grundschulen eine Rückbesinnung auf die Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen gefordert werden. Als Landesvorsitzende des BSW bringt Sabine Zimmermann Erfahrungen als ehemalige Bundestagsabgeordnete der LINKEN von 2005 bis 2021 mit, während der Co-Vorsitzende Prof. Dr. Jörg Scheibe, Chef eines Chemnitzer Ingenieurbüros, weitgehend als Politik-Novize einzustufen ist. Zimmermann schloss für die Zeit nach der Landtagswahl 2024 bereits eine etwaige Koalitionsbereitschaft des BSW lediglich gegenüber den Grünen und der AfD aus. Die Möglichkeit punktuellen Zusammenarbeitens wolle man sich hingegen nach allen Seiten offenhalten. Nach der Bundestagswahl 2025 will sich das BSW nach Angabe der Namensgeberin einen neuen Parteinamen geben.
Die auf dieser Seite zusammengestellten Informationen sind der folgenden Publikation entnommen:
Wahlen und Parteien in Sachsen
herausgegeben von der Sächsische Landeszentrale für politische Bildung
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