Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), mit Sitz in Karlsruhe, gehört neben Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung und Bundespräsident zu den obersten Verfassungsorganen der Bundesrepublik Deutschland. Es fungiert als "Hüter der Verfassung", indem es jeden Akt der gesetzgebenden Gewalt, der Regierung und der Verwaltung und jede Gerichtsentscheidung auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen kann. Darüber hinaus entwickelt das Bundesverfassungsgericht das Grundgesetz ständig weiter, indem es seine Festlegungen deutet und interpretiert. Richtschnur der Arbeit des Bundesverfassungsgerichts ist dabei der Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung und der Grundrechte der Bürger. Seine Entscheidungen sind für alle anderen staatlichen Organe bindend und oft von großer politischer Tragweite. Die Kompetenzen des Bundesverfassungsgerichts sind im internationalen Vergleich sehr umfangreich.
Verfahren und Entscheidungsgegenständen des Bundesverfassungsgerichts:
- Verfassungsbeschwerden Art. 93,1 GG: Überprüfung von Recht und Entscheidungen auf Grundgesetzkonformität nach Ausschöpfung des normalen Rechtsweges. Antragsberechtigt ist Jedermann.
- Verfassungsstreitigkeiten Art. 93,1; 84,4; 99 GG: Konflikte zwischen Verfassungsorganen, z.B. Organstreit und Bund-Länder-Streit. Antragsberechtigt sind Bundesorgane, Landesregierungen und unter Umständen Parteien.
- Normenkontrolle:
- abstrakte Normenkontrolle Art. 93,1 GG: Überprüfung auf Vereinbarkeit von Rechtsnormen mit dem Grundgesetz bzw. Bundesrecht. Antragsberechtigt sind Bundesregierung, Landesregierungen und 1/3 des Bundestages.
- konkrete Normenkontrolle Art. 100,1 GG: Überprüfung von Rechtsnormen am konkreten Fall: Vereinbarkeit von Rechtsnormen mit dem Grundgesetz. Antragsberechtigt sind alle Gerichte bei vorliegenden Zweifeln.
- Demokratie- und Rechtsstaatssicherung:
- Verbot verfassungswidriger Parteien Art. 21 GG: Antragsberechtigt sind Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung und Landesregierungen.
- Grundrechteverwirkungen Art. 18 GG: Antragsberechtigt sind Bundestag, Bundesregierung und Landesregierungen.
- Präsidentenanklage Art. 61 GG: Antragsberechtigt ist eine 2/3-Mehrheit von Bundestag und Bundesrat.
- Anklage gegen Bundes- bzw. Landesrichter Art. 98,2 und 5 GG: Antragsberechtigt sind Bundestag bzw. Landtag.
- Wahl- und Mandatsprüfung Art. 41,2 GG: Antragsberechtigt sind betroffene Abgeordnete, Wahlberechtigte sowie Teile des Bundestages.
- sonstiges Entscheidungen Art. 93; 99; 100; 126 GG beispielsweise einstweilige Anordnungen.
Das Bundesverfassungsgericht besteht aus 2 Senaten mit jeweils 8 Richtern. Die Verfassungsrichter werden einmalig auf 12 Jahre (maximal bis zum 68. Lebensjahr) gewählt. Die Richterwahl erfolgt mit 2/3-Mehrheit jeweils zur Hälfte durch Bundestag und Bundesrat. Wählbar sind Personen, die die Befähigung zum Richteramt besitzen. Das Mindestalter liegt bei 40 Jahren. Mindestens drei Richter jedes Senats müssen ehemalige Bundesrichter an den obersten Gerichtshöfen sein. Trotz der hohen parlamentarischen Hürden (2/3-Mehrheit) und diverser Einschränkungen (Alter und Richteramt) wird die Richterauswahl von den großen Volksparteien bestimmt und nicht selten wegen der politischen Bedeutung der Gerichtsentscheidungen zum Politikum.
Im Gegensatz zu anderen deutschen Gerichten besitzt das Bundesverfassungsgericht die verfassungsrechtlich garantierte Selbständigkeit, mit einem eigenen Verwaltungsapparat. In den Bundesländern, so auch in Sachsen, existieren ebenfalls Verfassungsgerichtshöfe, die für die jeweiligen Landesverfassungen zuständig sind.