Der Bundespräsident ist Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland mit erstem Amtssitz in Berlin und zweitem Amtssitz in Bonn. Seine Befugnisse und Aufgaben sind im Grundgesetz (GG), Artikel 54 bis 61 festgelegt. Demnach repräsentiert und vertritt er die Bundesrepublik Deutschland nach innen und außen. Er muss deutscher Staatsbürger sein, das 40. Lebensjahr vollendet haben und das Wahlrecht zum Bundestag besitzen. Zudem darf er weder einer gesetzgebenden Körperschaft angehören noch Teil der Bundes- oder einer Landesregierung sein oder während seiner Amtszeit ein anderweitiges besoldetes Amt, ein Gewerbe oder einen Beruf ausüben.
Die Wahl des Bundespräsidenten
Der Bundespräsident wird von der Bundesversammlung für eine Amtsperiode von fünf Jahren gewählt. Die Bundesversammlung ist eine Institution, die nur zu Ende des amtierenden Bundespräsidenten einberufen wird und anschließend auseinander tritt. Die Hälfte dieser Versammlung wird von allen Abgeordneten des Bundestages gebildet, die andere Hälfte wird von den Landtagen entsprechend ihrer Zusammensetzung und der Einwohnerzahl der jeweiligen Bundesländer entsandt. Dabei handelt es sich häufig nicht nur um Abgeordnete, sondern um bekannte Persönlichkeiten der Öffentlichkeit. Dabei ist eine Wiederwahl des amtierenden Bundespräsidenten nur einmal möglich. Seit dem 19. März 2017 bekleidet Frank-Walter Steinmeier (SPD) dieses Amt. Er ist der 12. Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland.
Eine Abwahl des Bundespräsidenten ist im Grundgesetz nicht vorgesehen. Sollte der Bundespräsident in seiner Amtsführung gegen das Grundgesetz oder ein Bundesgesetz vorsätzlich verstoßen, so kann das Bundesverfassungsgericht nach Art. 61 GG seinen Amtsverlust erklären. Der Stellvertreter des Bundespräsidenten ist der Präsident des Bundesrates.
Die Funktion des Bundespräsidenten im politischen System der Bundesrepublik
Innenpolitisch kommt dem Bundespräsidenten eine wichtige Integrationsfunktion zu. Als Repräsentant aller Deutschen ist er gehalten, parteipolitisch neutral zu agieren. Der Bundespräsident schlägt dem Deutschen Bundestag einen Kandidaten zur Wahl des Bundeskanzlers vor (Artikel 63 GG). Nach entsprechendem Votum durch den Bundestag ernennt bzw. entlässt er den Bundeskanzler und auf dessen Vorschlag ernennt oder entlässt er wiederum die Bundesminister (Art. 64 GG). Soweit es gesetzlich nicht anders geregelt ist, ernennt der Bundespräsident auch die Bundesrichter, Bundesbeamte und Offiziere sowie Unteroffizieren auf Vorschlag der Bundesregierung oder anderer Verfassungsorgane. Der Bundespräsident prüft die zu erlassenden Gesetze auf ihren Einklang mit dem Grundgesetz und unterzeichnet sie nach vorheriger Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler bzw. Bundesminister. Ihm obliegt es jedoch nicht, die Verfassungstreue der Gesetze abschließend zu beurteilen. Dies ist Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts. Nach Artikel 60 des Grundgesetzes übt der Bundespräsident auch das Begnadigungsrecht für den Bund aus. Zudem beruft er im ersten Jahr seiner Amtszeit eine Kommission unabhängiger Experten zu Fragen der Parteienfinanzierung. Zu besonderen Anlässen lässt er Staatsakte ausrichten. Die Anordnung von Staatsbegräbnissen fällt ebenso in seine Zuständigkeit wie die Verleihung von Auszeichnungen und Staatsorden an besonders verdiente Bürger. Über Eingaben und Petitionen haben die Bürger die Möglichkeit, sich mit Problemen und Beschwerden an den Bundespräsidenten zu wenden. Für die Erfüllung seiner Aufgaben steht ihm das Bundespräsidialamt zur Verfügung.
Die Aufgaben des Bundespräsidenten
Die wichtigste außenpolitische Aufgabe des Bundespräsidenten ist die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands, allerdings ohne die Befugnis zu aktiver Außenpolitik. Nur in Abstimmung mit der Bundesregierung ist es ihm erlaubt, eigene Akzente in seinen Reden auf Auslandsreisen zu setzen. Er empfängt die Staats- und Regierungsoberhäupter wie auch Botschafter anderer Nationen. Internationale Verträge der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ausland müssen vom Bundespräsidenten unterzeichnet werden. Dazu gehören z. B. die völkerrechtliche Anerkennung auswärtiger Staaten und die Ernennung der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland im Ausland. Zugleich muss der Bundespräsident der Entsendung eines ausländischen Botschafters nach Deutschland seine Zustimmung erteilen.
Theodor Heuß (FDP) | 1949-1959 |
Heinrich Lübke (CDU) | 1959-1969 |
Gustav Heinemann (SPD) | 1969-1974 |
Walter Scheel (FDP) | 1974-1979 |
Karl Carstens (CDU) | 1979-1984 |
Richard von Weizsäcker (CDU) | 1984-1994 |
Roman Herzog (CDU) | 1994-1999 |
Johannes Rau (SPD) | 1999-2004 |
Horst Köhler (CDU) | 2004-2010 |
Christian Wulff (CDU) | 2010-2012 |
Joachim Gauck (parteilos) | 2012-2017 |
Frank-Walter Steinmeier (SPD) | 2017- |
Als Kerngedanke einer Demokratie wird oftmals festgehalten, dass Gesetze durch Vertreter verabschiedet werden, welche durch die Bevölkerung gewählt werden. Darüber hinaus gehört es jedoch auch zu den demokratischen Prinzipien, dass die Regierung selbst aus Wahlen hervorgeht. Dabei lassen sich verschiedene Möglichkeiten denken, wie dies erfüllt werden kann, allen voran das System der präsidentiellen Demokratie und das der parlamentarischen Demokratie.
Präsidentielle Demokratie: In diesem System wird die Regierung direkt von der Bevölkerung und unabhängig vom Parlament gewählt. Ein Beispiel hierfür wären die USA oder auch die Schweiz. So finden in den USA die Präsidentschaftswahlen unter großer medialer Aufmerksamkeit statt und überragen in dieser Hinsicht sogar die Kongresswahlen. Dementsprechend viel Autorität genießt der Präsident der Vereinigten Staaten, er ist gleichzeitig Regierungschef und Staatsoberhaupt und mit zahlreichen Kompetenzen ausgestattet, die ihm mitunter erlauben, ohne Grundlage des Parlaments zu regieren. Außerdem kann der Präsident nicht vom Kongress abberufen werden, da er nur der Bevölkerung gegenüber rechenschaftspflichtig ist. In diesem System kann es häufig vorkommen, dass die Mehrheit des Parlaments und die Regierung unterschiedlichen Parteien angehören. Ein Vorteil des präsidentiellen Systems liegt darin, dass sich die Bevölkerung durch ihre Wahl mit der Person des Präsidenten auseinandersetzt und durch das ausbleiben von Koalitionsregierungen schon während der Wahl eine klare Vorstellung darüber hat, welche Regierungsprogramme zur Alternative stehen.
Parlamentarische Demokratie: In diesem System wird die Regierung nicht direkt von der Bevölkerung, sondern vom Parlament gewählt. Das führt dazu, dass die Mehrheit im Parlament die entscheidende Größe wird, um politische Veränderungen herbeizuführen, da eine Regierung sich auf diese Mehrheit stützen kann, von der sie gewählt wurde und mithilfe derer sie auch Gesetze verabschieden kann. Außerdem kann die Regierung in einem parlamentarischen System vom Parlament abberufen werden, in Deutschland gibt es dazu beispielsweise das sogenannte „konstruktive Misstrauensvotum“. In solchen Regierungssystemen verläuft die Gewaltenteilung also nicht direkt zwischen Parlament und Regierung, sondern durch das Parlament hindurch und zeigt sich an der Gegenüberstellung von Regierungsmehrheit und Opposition. Der Vorteil an parlamentarischen Systemen besteht darin, dass eine Blockadesituation, in der sich Parlament und Regierung uneinig sind (wie z.B. der sogenannte „Shutdown“ in den jährlichen US-Haushaltsverhandlungen), nur in absoluten Ausnahmefällen eintritt. Außerdem wird die Bedeutung des Parlaments aufgewertet, welches dann den Dreh- und Angelpunkt der politischen Entscheidungen darstellt. Gleichzeitig kann dies in einer politischen Landschaft mit vielen Parteien dazu führen, dass die Bevölkerung die Zusammensetzung der Regierung nicht komplett entscheiden kann, wenn die Regierungsbildung einer Koalition aus mehreren Parteien bedarf.
Nicht alle demokratischen Systeme lassen sich in diese Kategorien einordnen. So existieren beispielsweise auch sogenannte „semi-präsidentielle“ Systeme, in denen eine Mischung beider Funktionslogiken vorzufinden ist. Beispiele hierfür wären Frankreich oder Polen. In diesen Systemen sehen sich von der Bevölkerung direkt gewählte Staatsoberhäupter dazu gezwungen, mit durch das Parlament gewählten, starken Ministerpräsidenten gemeinsam eine Regierung zu bilden.
Wachsender Einfluss des Bundespräsidenten?
Bei der Ausgestaltung der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland handelt es sich um ein parlamentarisches System, was unter anderem bedeutet, dass das Amt des Regierungschefs und das des Staatsoberhauptes von unterschiedlichen Personen besetzt wird. Obwohl der Bundespräsident als Staatsoberhaupt protokollarisch der ranghöchste Amtsträger ist, hat er auf die Politik der Bundesregierung formal nur einen geringen Einfluss. Dies hat vor allem damit zu tun, dass der Parlamentarische Rat, welcher nach dem zweiten Weltkrieg das Grundgesetz ausfertigte, aus dem Scheitern der Weimarer Republik unter anderem die Lehre zog, dass ein direkt gewählter Präsident mit zu vielen Vollmachten ein Risiko für die Stabilität des politischen Systems darstellt.
Dennoch kommt dem Bundespräsidenten eine wachsende Bedeutung zu. Obwohl er, wie oben beschrieben, formal die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen nicht überprüfen kann, kann er einem verabschiedeten Gesetz dennoch seine Zustimmung verweigern und so die Ausfertigung verhindern. Dies geschah in der Geschichte der Bundesrepublik bis jetzt achtmal, zuletzt verweigerte Horst Köhler im Jahr 2006 seine Unterschrift zu einem Verbraucherinformationsgesetz, weil er die Kompetenz des Bundes übertreten sah.
Als noch wichtiger könnte sich in Zukunft jedoch die Rolle des Bundespräsidenten bei der Regierungsbildung erweisen. Dies deutete sich im Jahr 2017 an, als nach der Bundestagswahl und dem darauffolgenden Scheitern der Sondierungsgespräche zwischen Unionsparteien, FDP und Grünen keine Mehrheitsregierung in Sicht schien. Nachdem die verbleibenden Optionen einer Regierungsmehrheit aus Union und SPD sowie einer Minderheitsregierung unter Führung der Unionsparteien durch die Beteiligten ausgeschlossen wurden, lud Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Vertreter aller Parteien zu Gesprächen, um eine Regierungsbildung doch noch zu erzwingen und Neuwahlen, auf welche sich die Parteien bereits vorbereiteten, zu verhindern. So gelang es Steinmeier, die SPD zu Koalitionsgesprächen mit den Unionsparteien zu bewegen. Da das Grundgesetz für den Bundestag kein Recht auf Selbstauflösung ohne Zustimmung des Bundespräsidenten vorsieht, hätte Steinmeier mit Verweis auf seine Kompetenz, die Kandidaten für die Kanzlerschaft im Plenum des Bundestags vorzuschlagen (wozu im dritten Wahlgang notfalls auch eine einfache Mehrheit reichte), jedoch ebenso eine Minderheitsregierung unter Führung der Unionsparteien forcieren können.
Direkte Wahl des Bundespräsidenten?
Da davon auszugehen ist, dass die Fragmentierung des Parteiensystems und damit die Gleichverteilung der Stimmen bei Wahlen eher zu- als abnehmen wird, werden in Zukunft Bündnisse zwischen immer mehr Parteien oder aber die Bildung von Minderheitsregierungen auf Bundesebene notwendig werden. Möglicherweise wird dem Bundespräsidenten also vermehrt die Rolle zukommen, durch sein Vorschlagsrecht die Regierungsbildung zu beeinflussen. In diesem Zusammenhang könnte auch eine andere Frage erneut in den Fokus der öffentlichen Diskussion rücken: So wird bereits seit längerem immer wieder angeregt, den Bundespräsidenten in Deutschland direkt durch die Bevölkerung wählen zu lassen. Dies würde dem Amt in der Wahrnehmung einen höheren Stellenwert einräumen, aber gleichzeitig die Erwartungshaltung an die Kompetenzen des Bundespräsidenten erhöhen. Ist dieser nicht in der Lage, substanziellen Einfluss auf den politischen Alltag der Bundesrepublik zu nehmen, könnte eine Direktwahl eher das Gefühl der Enttäuschung innerhalb der Bevölkerung nach sich ziehen. Diese Frage wird daher in Zukunft wohl eng damit verbunden sein, ob und inwiefern sich der Einfluss des Amtes auf Fragen der alltäglichen Politik ausdehnen wird, was durch das Grundgesetz jedoch eigentlich nicht vorgesehen ist.