Dr. Alexander Yendell und Prof. Dr Gert Pickel stellten bei der Leipziger Buchmesse am 15. März 2018 den soeben von ihnen herausgegebenen Sammelband „Innere Sicherheit in Sachsen“ vor. Werner Rellecke, Referatsleiter im Bereich Publikationen der SLpB, moderierte die Veranstaltung.
Aus Sicht von Dr. Yendell (Wiss. Mitarbeiter, Med. Psychologie und Med. Soziologie, Uni Leipzig) verdeutlichen die Wahlen der letzten Jahre, dass innere Sicherheit das „Thema schlechthin“ sei. Es bestehe jedoch ein Mangel an sozialwissenschaftlicher Forschung in diesem Bereich. Der vorgelegte Sammelband verfolge das Ziel, interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Ursachen für das Entstehen von politisch motivierter Kriminalität ebenso anschaulich darzustellen wie die daraus folgenden Auswirkungen auf das Sicherheitsempfinden der Sachsen.
Professor Pickel (Religions- und Kirchensoziologie, Theologische Fak., Uni Leipzig) hob hervor, dass im Buch auch auf die Rolle der Polizei und das komplexe Verhältnis von Sicherheit und Freiheit eingegangen werde. Ein Kapitel zu Medien im Kontext der inneren Sicherheit beleuchte die Mechanismen der journalistischen Berichterstattung.
Zu den Ursachen für die Entstehung von Kriminalität gebe es unterschiedliche Erklärungsansätze, mit denen sich mehrere wissenschaftliche Disziplinen beschäftigten, so Yendell. Allerdings zeigten die empirischen Daten, dass vor allem ein Faktor großen Anteil am Entstehen von Kriminalität habe: Menschen, die in ihrer Kindheit und Jugend Opfer von Missbrauch wurden, neigten eher als andere zur Kriminalität. Auch sei der Abbruch des Bildungsweges mit einer höheren Wahrscheinlichkeit verbunden, kriminell zu werden.
Angesprochen auf die öffentliche Debatte, ob und inwieweit Jugendliche und Ausländer krimineller sind als andere Bevölkerungsgruppen, verwies Dr. Yendell darauf, dass gut ein Viertel aller Straftaten von 14- bis 20-Jährigen begangen werde. Bei Migranten gestalte sich die Bemessung der Gesetzesverstöße kompliziert, da u.a. Ausländer öfter als Deutsche angezeigt würden und auch Vergehen gegen das Aufenthaltsrecht erfasst würden, welche die Statistik verfälschen könnten. Es sei insgesamt zielführender, die kriminalitätsfördernden Ursachen zu bekämpfen, so z.B. exzessiven Alkoholkonsum.
Inwieweit wird über die innere Sicherheit in Sachsen mit der notwendigen Sachlichkeit diskutiert und berichtet? Nach Ansicht von Prof. Pickel stellen linke und rechte politische Kriminalität in Sachsen eine relevante statistische Größe dar. Gerade durch rassistische Gewalt werde Sachsen zusehends als Hochburg der Rechten wahrgenommen. Dies sei auch bedingt durch die mediale Funktionslogik und die Art und Weise der Berichterstattung. So werde zum Thema Islam häufig emotional und mit einem Fokus auf Einzelfälle berichtet. Als Mediennutzer sollte man daher bei der Einordnung mancher Nachrichten achtsam sein.
Abschließend plädieren die beiden Forscher für eine zielgerichtete und kritische Analyse, um mögliche Schwachstellen bei den Sicherheitsbehörden anzugehen. Die Polizei selbst sei unzufrieden mit der aktuellen Situation, sei es wegen Personalmangels oder wegen der Konfrontation mit Problemen wie Drogenabhängigkeit, die besser durch soziale Maßnahmen gelöst werden könnten. Aber auch der Rassismus innerhalb der Polizei sollte angegangen werden und hierbei sollte von anderen europäischen Ländern gelernt werden.
In der folgenden Fragerunde erkundigte sich ein Bürger, wie man sich über die rechtsextremistischen Ansichten innerhalb der sächsischen Bevölkerung informieren könne. Er wurde auf den Sachsen-Monitor verwiesen, der Aufschluss über die politischen und persönlichen Einstellungen der Sachsen gibt. Dieser wird von der Staatsregierung im Internet dokumentiert. Auch können sich Interessierte umfassend bei der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung informieren.
Dort ist auch der vorgestellte Sammelband „Innere Sicherheit in Sachsen“ kostenfrei erhältlich, und zwar sowohl als Buch als auch zum Download als PDF.
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Yendell, Alexander / Pickel, Gert / Dörner, Karolin (Hg.), 2017: Innere Sicherheit in Sachsen. Beiträge zu einer kontroversen Debatte. Dresden/Leipzig: Sonderausgabe für die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, 160 S., Best.-Nr. 227.