In zwei Workshops wurden die Thesen des Wahl-O-Mates von 18 Jugendlichen mit Unterstützung von Politikexperten entwickelt und ausgewählt. Für den Pressebericht könnten wir Bilder von den Workshops anbieten. 18 Jugendliche arbeiten mehrere Tage intensiv. Sie reiben sich, sie ringen um vielfältige und kontroverse Themen für den sächsischen Wahl-O-Mat. Es gibt Wände voll mit hunderten Thesen, engagierte Diskussionen, um jede These wird gerungen - das wären starke Bilder. Aber fremde Archivbilder kommen nicht in Frage, da hat die Zeitung klare Qualitätsvorstellungen. Denn zuerst liefern die Öffentlichkeitsarbeiter die Bilder, später die Texte – so kommt die Pressefreiheit unter die Räder. Im konkreten Fall ist das unbequem, da gibt es aber nichts zu rütteln. Für eine freie Berichterstattung sind unabhängige Redaktionen unverzichtbar.
Eine weitere Überlegung, die Macher sollen ins Bild. Personifizierung ist ein wichtiger Nachrichtenfaktor. Journalisten berichten zunehmend in Form von Geschichten und zu Geschichten gehören Akteure, mit denen kann sich der Leser identifizieren, vergleichen – es menschelt. Und so findet sich kaum ein Pressebericht über Bürgerinitiativen ohne einen Macher, Diskussionen über Schulstandorte werden aus Schüler- oder Elternperspektive erzählt und wenn über die Tourismusstatistik geschrieben wird, berichtet auch ein Gastwirt. Personifizierung ist schon lange keine Besonderheit des Boulevard-Journalismus mehr. Oft macht sie Sinn, sie erleichtert den Zugang zum Thema.
Die politische Bildung ist auch ein Thema, welches Brücken braucht. Wir sind nicht die Fußball-Bundesliga, wir müssen um Aufmerksamkeit kämpfen, wir müssen Hemmschwellen abbauen. Warum nicht beim Wahl-O-Mat personifizieren? Zumal unser Projektleiter Henry Krause ein echter Wahl-O-Mat-Experte ist. Er hat schon vor zehn Jahren die erste sächsische Ausgabe betreut. Für Fotos erklärt er sich schnell bereit, aber die alte Frage bleibt, wie kommt der Wahl-O-Mat ins Bild? Der Projektleiter am Schreibtisch, das wäre ein ziemlich genaues Abbild seiner Tätigkeit. Aber wer interessiert sich für Leute im Büro? Wer liest einen Artikel, wenn das Titelbild so gewöhnlich daher kommt?
Gut, dass der Fotograf keine Lust auf gewöhnliche Bilder hat. Und gut, dass wir knallgelbe Wahl-O-Mat-T-Shirts haben. Unsere jugendlichen Redakteure werden sie tragen, wenn der Wahl-O-Mat am 5. August bei einer Pressekonferenz freigeschaltet wird. Nun kommen sie schon eher zum Einsatz. Sie baumeln auf einer Wäscheleine und ergeben einen sehr gelben Bildhintergrund. Davor modelt Henry Krause – interessant, welche Fähigkeiten der Kollege hat.
Für ein Fazit ist es zu früh. Positiv ist allemal, wir konnten das klassische Schreibtisch-Foto umgehen. Mal sehen, wie das Foto in der Zeitung rüberkommt.
Mehr zum Wahl-O-Mat