Der 26. September nährt sich rasend schnell und damit der Tag, an dem ich, als Erstwählerin, zum ersten Mal in meinem Leben mitentscheiden darf, wer in den nächsten vier Jahren die Politik in Deutschland bestimmen wird. Mit mir dürfen dieses Jahr noch viele andere ihre Stimme abgeben. Etwa 2,8 Mio junge Erwachsene können zum ersten Mal an die Wahlurne treten. Doch die letzte Bundestagswahl hat gezeigt, dass nicht alle Wahlberechtigten ihr aktives Wahlrecht nutzen. So lag bei den Bundestagswahlen 2017 die Wahlbeteiligung der 18-20-jährigen bei 69,9%, die der 60-69-jährigen bei 81% und der Wahlberechtigten insgesamt bei 76,2 Prozent - junge Menschen sind also unterdurchschnittlich oft wählen gegangen. Auch jetzt, weniger als eine Woche vor den Bundestagswahlen 2021, hört und liest man in den Sozialen Medien immer wieder von jungen Menschen, darunter sehr viele Erstwähler und Erstwählerinnen, die nicht zur Wahl gehen wollen. Die Begründungen sind vielfältig. Den einen mangelt es an Interesse, die anderen meinen, „zu wenig Ahnung“ von Politik zu haben oder fühlen sich von den großen Parteien einfach schlicht nicht angesprochen.
Direkt Begegnung mit Politikern und Politikerinnen
Doch gerade wenn es um Informationen zu den einzelnen Parteien geht, hat das Internet und verschiedene Institutionen so Einiges zu bieten, so zum Beispiel den Wahl-O-Mat oder vielfältige Youtube-Videos, in denen die einzelnen Parteiprogramme erläutert werden. Ein weitere Möglichkeit, sich zu informieren oder für eine bestimmte Partei zu entscheiden, ist auch die direkte Begegnung mit Politikern und Politikerinnen bei Wahlkampfveranstaltungen oder das Verfolgen politischer Debatten – live vor Ort oder im Livestream -, wie sie auch von der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung in Form von Wahlforen durchgeführt wurden. Auf 32 Veranstaltungen diskutierten die Direktkandidierenden der sechs großen Parteien aus allen sächsischen Wahlkreisen zu bestimmten, Themen, die vom Publikum festgelegt wurden. Gemeinsam mit Freundinnen und Freunden nahm ich, sowohl durch einen Livestream, wie auch in Präsenz, an fünf dieser Wahlforen teil, drei davon in den beiden Dresdner Wahlkreisen und tauschte mich im Nachhinein mit ihnen über das Gehörte aus.
Wer einen Blick in die Veranstaltungen geworfen hat, dem wird aufgefallen sein, dass vor allem Menschen im mittleren bis hohen Alter anwesend waren. Doch immer wieder tauchten auch junge Menschen und potenzielle Erstwähler und Erstwählerinnen im Publikum auf und stellten ihre Fragen an die Kandidaten und Kandidatinnen. Gerade angesichts des Jahrestages der Pogrome von Hoyerswerda wurde um eine Positionierung von CDU und FDP zum Rechtsextremismus gebeten. Viele Fragen der Jugendlichen bezogen sich auf den Klimawandel: wie zum Beispiel es begründet wird, zukünftig keine Innerdeutschen Flüge zu verbieten oder welche Konzepte die Parteien für eine 1,5 Grad konforme Verkehrspolitik haben. Die Direktkandidatinnen- und Kandidaten von der AfD, FDP, Linke, Grüne, CDU und SPD diskutierten die Fragen der Moderierenden und des Publikums. Dabei entstand ein direkter Austausch zwischen den Politikern, Politikerinnen und den Teilnehmenden, aber auch untereinander kamen die Kandidierenden immer wieder in Diskussionen. Die Argumentationslinien der Kandidaten und Kandidatinnen wurden dadurch deutlich und man konnte sich selber ein Bild über ihre Kompetenz und Persönlichkeit machen, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten unter anderem den Auftrag haben, ihren Wahlkreis im Bundestag zu vertreten.
Sympathie und Argumente
Die Gespräche mit Freundinnen und Freunden, also jungen Menschen, die bei den Wahlforen dabei waren zeigten, dass die Teilnahme an der Veranstaltung, die Entscheidung, wählen zu gehen, bestärkt hat, aber dennoch weiterhin oft Unsicherheit darüber herrscht, welcher Person und welcher Partei man seine Stimme denn nun geben soll.
Das Feedback zu dem Format allgemein fiel grundsätzlich positiv aus, da jede/r sich mit seinen/ihren eigenen Fragen einbringen und Gehör verschaffen konnte und die Moderierenden diese aufgegriffen und durch eigene Fragen ergänzt haben. Auch sorgten die Wahlforen dafür, dass die Lebensrealitäten und Interessen anderer Menschen deutlich wurden, die sich von denjenigen junger Menschen oft stark unterscheiden. Die zugespitzten Fragen, die die Kandidatinnen und Kandidaten nur mit Ja oder Nein beantworten durften, erlaubten uns, die Parteien im direkten Vergleich zu sehen. Spannend war hierbei auch, welche Parteien bei bestimmten Fragen Übereinstimmungen oder Unterschiede in ihrer Position aufwiesen.
Die Wahlforen boten jungen Menschen und Erstwählenden die Gelegenheit, nicht nur zu schauen, inwieweit die eigene Meinung mit der der einzelnen Parteien übereinstimmt, wie es der Wahl-O-Mat tut, sondern auch die Kandidierenden kennenzulernen und für sich selber herauszufinden, wen man am sympathischsten findet, wer das Parteiprogramm am besten vermittelt oder am geschicktesten argumentiert. Die direkte Begegnung mit den Direktkandidatinnen und Direktkandidaten trug also nicht nur zur Meinungsbildung über die Parteien allgemein bei, sondern auch über die Kandidierenden selbst und damit hoffentlich zu der Entscheidung, wem man am 26. September seine Stimme dann tatsächlich geben wird.
Leah Strobel absolviert seit Anfang September 2021 ein FSJ Politik bei der SLpB.