Wem gehört der Osten?

Wem gehört der Osten? Die Frage ist ganz simpel, bei der Antwort wird es kompliziert – das merkt wahrscheinlich jeder, der die Frage nicht vorschnell beantworten will. Es zeigt auch der Film „Wem gehört der Osten?“ von Olaf Jacobs. Klischees helfen nicht weiter und jede scheinbare Antwort wirft weiter Fragen auf.

Der Film „Wem gehört der Osten?“ erlebte am 24. Juni 2015 seine Vorpremiere im ausverkauften Dresdner Programmkino Ost (TV-Ausstrahlung am 30. Juni 2015, 22:05 Uhr im MDR). Im Anschluss diskutierten Dr. Dietmar Bartsch, MdB (stellv. Fraktionsvorsitzender der LINKE-Fraktion im Deutschen Bundestag), Burkhard Berndt (ehemaliger Abteilungsleiter der Treuhandanstalt im Direktorat Kommunalvermögen), Heinz Eggert (Sächsischer Staatsminister des Innern a.D.), Olaf Jacobs (Filmproduzent) und Herbert Wagner (Oberbürgermeister der Stadt Dresden von 1990 – 2001).  

Mit der Wiedervereinigung kam es zum größten Umverteilungsprozess der Nachkriegsgeschichte. Mit der DDR wurde ein ganzes Land zur Konkursmasse. Dafür gab es kein Vorbild, auch nicht für die Organisation dieses Prozesses. Maßgeblich wurden das Vermögensgesetzt mit dem Grundsatz Rückgabe vor Entschädigung und die Treuhandanstalt als Verwalterin des ehemaligen Volksvermögens der DDR.

Jacobs erzählt die Geschichte dieser enormen Umverteilung in drei Teilen. Der erste Film widmet sich den Städten, es folgen die Teile Land und Heimat. In „Die Stadt“ lässt Jacobs Beteiligte und Betroffene sprechen. Da sind der scheiternde Immobilien-Händler aus dem Westen, die Erben einer enteigneten Keksfabrik, die Bewohner einer sanierungswürdigen Fabrikanlage, der Käufer eines alten Bahnhofs, welchen er zum Kulturtreff ausbauen will und es gibt die erfolgreichen Immobilienspekulanten, die nicht aus dem Westen, sondern aus Leipzig kommen.

Der Film berichtet von juristischen, finanziellen und politischen Pleiten und Erfolgen gleichermaßen. Durch seine Protagonisten ist er nah an der Realität, hält aber immer die kritische Distanz und verfällt nie in Klischees. Er ist ein guter Abriss nach 25 Jahren und zeigt das Auf-und-ab des ostdeutschen Immobilienmarktes. Den Phantasien von blühenden Landschaften und der Euphorie der Investoren folgte die wirtschaftliche Depression. Die erwarteten Mieten blieben aus, Leerstand ließ die Kalkulationen platzen. Dennoch prägten diese ersten „wilden“ Jahre nach der Wiedervereinigung die Ostdeutschen Städte, heute gehören 60 Prozent der Ost-Immobilien Westdeutschen. Inzwischen ist der ostdeutsche Immobilienmarkt längst kein Geheimtipp mehr, internationale Großinvestoren sind auf der Suche nach Rendite und die Ostdeutschen werden zunehmend zu Haus- und Wohnungsbesitzern.

Auch wenn der Film keine abschließenden Antworten geben kann, regt er zur Auseinandersetzung an und der gibt einen Ausblick. Inzwischen entwickelt sich die ostdeutsche Wirtschaft, der Markt erlaubt steigende Mieten und die letzten unsanierten Häuser gewinnen an Wert – spätestens 25 Jahre nach der deutschen Einheit erreicht damit der Umverteilungsprozess alle Bewohner Ostdeutschlands.  

 

"Wem gehört der Osten? Die Stadt" sendet das MDR-Fernsehen am 30. Juni 2015, 22:05 Uhr