Wir sind ein Team. Politische Bildung mit polnischen und deutschen Grenzschützern

Seit Jahren arbeiten Polnische Grenzschützer und Bundespolizisten in der gemeinsamen deutsch-polnischen Dienststelle Zgorzelec/Ludwigsdorf zusammen. Im August bestreiten sie zusammen ein Seminar, um sich über aktuelle politische Ereignisse zu informieren und zu debattieren. Dabei zeigen sich Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten.

 

Gemeinsame Streifen, feste und mobile Kontrollen auf den grenzüberschreitenden Verkehrswegen bis hin zur Überwachung des gemeinsamen Binnengrenzraumes im ländlichen Bereich gehören zu den Aufgaben der Grenzschützer in der Dienststelle Zgorzelec/Ludwigsdorf. Dabei muss man sich aufeinander verlassen können, diese Arbeit geht nicht ohne ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen und verlässlicher Kommunikation. Basis ist auch ein gemeinsames Auftragsverständnis. Warum und wie machen die polnischen und deutschen Kollegen den gemeinsamen Job? Die Frage nach dem gemeinsamen Selbstverständnis stellt sich besonders, wenn sich internationale Krisen und Konflikte an der Grenze auswirken. Migration ist das aktuelle Stichwort.

Dabei wird die Analyse von Krisen und Konflikte in einer zunehmend globalisierten und komplexen Welt immer herausfordernder. Täglich strömen unzählige Meldungen aus aller Welt und aus unzähligen Quellen auf uns ein: Doch was bedeuten diese Nachrichten konkret für unser Leben, unsere Region oder die Tätigkeit an der deutsch-polnischen Grenze?

An einem Vormittag im August 2024 bekommen die Grenzschützer Unterstützung von Dr. Christoph von Marschall, dem Diplomatischen Korrespondenten der Chefredaktion des Tagesspiegels. Mit großer journalistischer Erfahrung ordnet von Marschall tagesaktuelle Nachrichten wechselweise auf Deutsch und Polnisch ein und erläutert Hintergründe. Besonders wichtig in dieser Runde: von Marschall ist Experte für Osteuropa, spricht sehr gut polnisch und kennt beide Perspektiven. Für seine Bemühungen um die deutsch-polnische Aussöhnung erhielt er den Verdienstorden der Republik Polen und den deutsch-polnischen Journalistenpreis.

Dieser Hintergrund und seine Erfahrungen in der politischen Bildung – von Marschall ist seit Jahren im Projekt Kontrovers vor Ort aktiv – begünstigen die ohnehin schon offene Atmosphäre an diesem Vormittag. Über drei Stunden wechseln sich Input, Fragen und Diskussionen munter ab. Hauptthemen sind der russische Krieg in der Ukraine, die bevorstehenden Wahlen in Sachsen und den USA sowie die Migrationslage.

Im Gespräch zeigen sich das gemeinsame Teamverständnis, aber auch verschiedene Prägungen, Perspektiven und Erfahrungen. Oberstabsfähnrich Sebastian Derucki: „Ich denke, es ist wichtig, solche Veranstaltungen durchzuführen. Wir sind ein Team und möchten gemeinsam am Tisch sitzen, auf dem gleichen Wissensstand sein, gemeinsam Probleme lösen. Aber wir müssen schauen, wie bestimmte Situationen die deutsche und wie die polnische Seite wahrnimmt.“ Diesen Punkt unterstreicht auch Polizeihauptmeister Heiko Helbig, von Marschall habe die Themen von verschiedenen Seiten beleuchtet und ihm so neue Perspektiven gezeigt. Helbig kann sich „weitere politische Tage mit den polnischen Kollegen sehr gut vorstellen.“

Die Veranstaltung fand im Rahmen einer 2022 vereinbarten Kooperation zwischen dem SLpB-Projekt Kontrovers vor Ort und der Bundespolizei im Bereich der Ausbildung statt.