Freie Sachsen

Die 2021 in Schwarzenberg gegründete und in Chemnitz ansässige Partei „Freie Sachsen“ – die nicht mit der von 2007 bis 2009 bestehenden gleichnamigen Partei zu verwechseln ist, aus der seinerzeit am Ende die Freien Wähler hervorgingen – ist einesteils eine offiziell bei der Bundeswahlleiterin gemeldete politische Partei und versteht sich andernteils zugleich als eine offene Sammlungsbewegung für den Protest gegen die deutsche und sächsische Regierungspolitik in vielerlei Ausprägungen, unter anderem gegen die Impf- und Lockdown-Maßnahmen während der Corona-Pandemie und aktuell gegen die deutsche Haltung zu Russland seit Beginn dessen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Als grundsätzliches Ziel nennen die Freien Sachsen das Erreichen von deutlich mehr Autonomie Sachsens gegenüber dem Bund, gegebenenfalls auch in Form eines „Säxit“, also des Austritts Sachsens aus der Bundesrepublik, mit anschließend womöglich monarchischer Staatsform in Sachsen. Diese staatsverneinende Grundhaltung hat der Partei sogleich die Beobachtung durch den sächsischen Verfassungsschutz eingebracht. Zugleich machen sich die Freien Sachsen auf diese Weise attraktiv für Monarchisten, Verschwörungstheoretiker und Rechtsextremisten aller Art, einschließlich für die nun in „Die Heimat!“ umbenannte Ex-NPD, die fortan durch die Freien Sachsen politisch weiterwirkt. Zur Attraktivität in der rechten Szene trägt sicher bei, dass Partei-Doppelmitgliedschaften explizit zugelassen werden.

Vor allem jedoch haben sich die Freien Sachsen ihr Ansehen in der rechten Szene durch zahlreiche Mobilisierungsaktivitäten in den Sozialen Medien erworben, insbesondere über Telegram: Keine andere rechte Organisation hat auf diese Weise in den Jahren 2021 und 2022 mehr Anti-Corona-Protestdemonstrationen koordiniert, was den Freien Sachsen gelegentlich den Ruf einer „Mobilisierungsmaschine“ einbrachte. Parteivorsitzender ist der Chemnitzer Anwalt Martin Kohlmann, der zuvor bereits Mitglied bei den Republikanern und in der DSU war, bevor er 2009 die rechtsgerichtete Bürgerbewegung Pro Chemnitz gründete, aus der dann auch die Freien Sachsen letztlich hervorgegangen sind. Nach eigenen Angaben verfügte die Partei im Jahr 2022 über rund 1.000 und 2023 bereits über ca. 1.200 Mitglieder. Diese Zahlen verlieren jedoch etwas an Relevanz, wenn sich die Grenzen zwischen Mitgliedern und Bewegungs-Sympathisanten, Social-Media-Vernetzten sowie Unterstützern aus anderen Parteien mit oder ohne Doppel-Parteimitgliedschaft tendenziell etwas zu verflüssigen scheinen. Dies wiederum liegt durchaus im Sinne des Bewegungsziels, möglichst umfassend rechts vereint und vernetzt zu sein.

Allerdings entwickelt sich aktuell das Verhältnis zur AfD zunehmend kritisch. Dies wurde beispielsweise bei einem Gastauftritt des AfD-Europawahlkandidaten Krah bei den sogenannten Montagsprotesten in Dresden im November 2023 deutlich, als dieser mit Blick nach rechts von Lügen sowie von „Glücksrittern“ und „falschen Propheten“ sprach, was von den Freien Sachsen natürlich nicht goutiert wurde. Die AfD wirkt im Vergleich zu den Freien Sachsen fast wie eine traditionelle Altpartei, indem sie nicht zuletzt an einer Unvereinbarkeitsklausel festhält, die Mehrfachparteimitgliedschaften de facto weitestgehend ausschließt. Und doch konkurrieren die Freien Sachsen und die AfD zumindest in Teilen um dasselbe Mitglieder- und Wählerklientel. Kiess/Nattke (2024) argumentieren, dass es den Freien Sachsen nicht nur um ihre programmatischen Ziele, sondern auch um das operative Ziel gehe, ihre Dominanz und Deutungshoheit innerhalb der rechtsextremen Szene Sachsens zu festigen. Letztere habe sich in den letzten Jahren jenseits der AfD – und quasi in deren Schatten – erheblich weiterentwickelt.