Parteiname | Freie Wähler, Landesvereinigung Sachsen |
Kontaktdaten Landesverband | Brückenstraße 30 (03762) 6849301 https://fwsachsen.de/ |
Viele der rund 1.000 kommunalen Wählervereinigungen Sachsens sind Mitglied im seit 1992 bestehenden Dachverband „Landesverband Sachsen der Freien Wähler e.V.“. Während dieser Dachverband den Wählervereinigungen vor Ort wichtige Koordinations- und Serviceleistungen für die sächsischen Kommunalwahlen bietet, ist er zu unterscheiden von der Partei „Freie Wähler“. Allein letztere weist Parteieigenschaften auf und kann somit zur Landtagswahl antreten. Die Parteigründung erfolgte im Jahr 2011 quasi aus dem Verein heraus, so dass die Freien Wähler im Jahr 2014 erstmals zur Landtagswahl antraten und dabei ein Zweitstimmenergebnis von 1,6 Prozent erzielten. Bei der Wahl 2019 konnte das Ergebnis auf 3,4 Prozent verbessert werden, reichte jedoch zur Überwindung der Fünf-Prozent-Hürde noch nicht aus. Auch fünf Jahre danach erscheint der Einzug in den Landtag weiterhin ungewiss, denn im Frühjahr 2024 sagen die Demoskopen den Freien Wählern ein Ergebnis zwischen einem und drei Prozent voraus. Seit Februar 2024 sind die Freien Wähler jedoch vorübergehend bereits mit einem Abgeordneten im Sächsischen Landtag vertreten, weil sich der ehemalige CDU-Parlamentarier Stephan Hösl entschied, zu den Freien Wählern überzuwechseln. Die 34-köpfige Liste der Partei zur Landtagswahl 2024 – der übrigens nur vier Frauen angehören – führt der parteilose Jurist und langjährige Grimmaer Oberbürgermeister, Matthias Berger, als Spitzenkandidat an. Sein Engagement auf Landesebene begründete er damit, dass man nun Verantwortung übernehmen müsse, da die Menschen das Vertrauen in Staat und Parteien verloren hätten und speziell die Grünen gezeigt hätten, wohin Ideologie führe. Auf Platz zwei der Liste folgt der sächsische Parteivorsitzende der Freien Wähler, der Jurist Thomas Weidinger.
Weidinger war im März 2021 zum Vorsitzenden gewählt worden, nachdem dessen Vorgänger Steffen Große zuvor – im Streit mit dem Bundesvorstand der Freien Wähler unter Hubert Aiwanger um eine von Große geforderte Aufhebung von Corona-Einschränkungen – sein Amt aufgeben musste und daraufhin, gemeinsam mit mehr als 30 weiteren Mitgliedern, die Partei verlassen hatte. Weidinger will als Vorsitzender vor allem die Verbindung zu den Wählervereinigungen in den Kommunen verbessern, und er sieht ein Weiterentwicklungspotenzial darin, dass es noch mehr als 100 parteilose Bürgermeister in Sachsen gäbe. Das Wahlprogramm der Freien Wähler, das als gemeinsames Papier der Partei und des Vereins also von letzterem mitentwickelt und gebilligt wurde, zeichnet sich einesteils durch einen tief in der Kommunalpolitik verwurzelten Pragmatismus, andernteils durch eine marktwirtschaftliche und zumeist wertkonservative Ausrichtung aus. Unter anderem wird im Programm gefordert, dass Bund und Länder die den Kommunen übertragenen Aufgaben auch hinreichend finanzieren, dass Förderprogramme reduziert und entbürokratisiert werden und dass die Vorgaben der Europäischen Union mit Wirkung auf die Kommunen insgesamt reduziert werden. Außerdem werden solide Staatsfinanzen und eine dienende, sich an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientierende Landesverwaltung gefordert. Wertkonservatismus drückte sich unter anderem darin aus, dass – wie auf der Facebook-Seite der Partei gefordert wurde – die Staatsregierung dafür sorgen sollte, auf Bundesebene das Gesetz zur teilweisen Legalisierung von Cannabis in den Vermittlungsausschuss zu überweisen, um so „das Schlimmste zu verhindern.“
Bei diesem Thema zeigt sich allerdings ein gewisser Dissens zur hierzu jedenfalls in Teilen etwas offener eingestellten Bundespartei. Noch deutlicher jedoch wurden Differenzen zwischen dem Landes- und Bundesverband im Februar 2024 bezüglich eines beim Bundesparteitag in Bitburg gefassten Beschlusses einer „Brandmauer“ gegenüber politischen Kontrahenten, der konkret ein Kooperationsverbot mit der AfD vorsieht. Der sächsische Landesvorsitzende Weidinger erklärte, man nehme diesen Beschluss zur Kenntnis, unterstütze ihn aber nicht, weil sich Brandmauern als nicht hilfreich bei konkreten Problemlösungen vor Ort erwiesen hätten. Der Bundesverband reagierte darauf mit dem Hinweis, Sachsen sei der einzige Landesverband der Freien Wähler, der den Beschluss nicht mittragen wolle. Bundesparteitagsbeschlüsse seien aber für alle Parteiebenen bindend und man könne sich nicht aussuchen, welchen Grundsatzbeschlüssen man folgen wolle und welchen nicht.
Die auf dieser Seite zusammengestellten Informationen sind der folgenden Publikation entnommen:
Wahlen und Parteien in Sachsen
herausgegeben von der Sächsische Landeszentrale für politische Bildung
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