Die Idee einer Freihandelszone zwischen den USA und Europa ist nicht neu. 1995 wurde von EU und OECD das MAI-Abkommen (Multilaterales Abkommen über Investitionen) initiiert. Die Verhandlungen waren geheim, aber was an die Öffentlichkeit kam, rief massive Proteste hervor. Daraufhin weigerten sich Regierungen und Parlamente einiger EU Staaten das Abkommen zu ratifizieren.
Die Debatte ist wieder aktuell. Seit Juli 2013 verhandeln EU und USA über TTIP. Es geht vor allem um „nichttarifäre Handelsbarrieren“ wie öffentliche Aufträge, Konsumenten- und Datenschutz, Lebensmittel-Kennzeichnung, Umweltgesetze, Medikamentenpreise, Patente, Schürfrechte oder Arbeitsnormen. TTIP ist ein radikaler Angriff auf soziale, ökologische und rechtliche Standards in der EU und den USA.
Die EU-Kommission hat vom Europäischen Rat ein allumfassendes Mandat für die Verhandlungen erhalten. Diese sind geheim und betreffen nahezu sämtliche Wirtschafts- und Lebensbereiche. Nur Wirtschaftslobbyisten haben privilegierten Zugang und Einfluss auf die Verhandlungen. Dennoch sind einzelne Informationen und Dokumente an die Öffentlichkeit geraten und es formierte sich Widerstand.
Fairer Handel und dezentrales Wirtschaften werden unmöglich
TTIP verlangt die Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens. So wird den Kommunen die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Ziele oder die gezielte Stärkung der eigenen Region durch Vergabe von Aufträgen und Einkäufen, weitgehend unmöglich gemacht. Vergeben Gemeinden, Landkreise oder Bundesländer Aufträge vor Ort, um unnötige Transportwege zu verhindern oder regionale Handwerker und Produzenten zu fördern, diskriminieren sie entfernte Anbieter. Das widerspricht der Freihandelsideologie.
Aus gutem Grund laufen die Menschen gegen Geheimverhandlungen
Sturm, wie zuletzt beim ACTA-Abkommen – nun geht es von vorn los. Noch vor den Verhandlungen verwässerte die EU-Kommission einen Gesetzentwurf zum Datenschutz im Sinne der US-Geheimdienste und die Unterhaltungsindustrie setzt alles daran, Urheberrechte so restriktiv wie möglich zu handhaben. Ob Patente auf Saatgut oder Datensammelwut im Internet, die Lobbyisten von Monsanto, Google und Amazon hoffen auf noch größere Freiheiten. Meinungsfreiheit und Datenschutz bleiben dabei auf der Strecke.
Nichts gelernt
Trotz Finanzkrise fördert TTIP die weitere Deregulierung der Finanzmärkte und könnte die Instabilität und die ungerechten Wirkungen der Märkte weiter vergrößern. Vom Abkommen betroffen sind Bankgeschäfte und Versicherungen aller Art, sowie der komplette Wertpapier-, Derivate- und Währungshandel. Das bedeutet auch, dass bisherige Schutzrechte, wie für öffentliche Sparkassen, nicht mehr greifen, da sie ausländische Unternehmen benachteiligen. Die Banken- und Versicherungsverbände versprechen sich von TTIP die Umgehung nationaler Auflagen.
Auch die Kultur steht zur Debatte
Beim Protest gegen das MAI-Abkommen spielten die französischen Künstler eine wichtige Rolle. Deshalb besteht die Regierung in Paris auf die vorläufige (!) Herausnahme von Kultur und audio-visuellen Dienstleistungen aus den Verhandlungen. Diese sind aber nicht generell herausgenommen, sondern werden nur aktuell nicht verhandelt. Damit stehen die europäische Filmförderung, die Buchpreisbindung und die öffentliche Förderung kultureller Einrichtungen jederzeit zur Debatte.
Unbekanntes Risiko
Bisher muss in der EU bei der Einführung neuer Technologien nachgewiesen werden, dass es keine Folgeschäden gibt. Mit diesem Prinzip lässt sich z.B. Fracking verhindern, weil Folgeschäden nicht auszuschließen sind. Anders in den USA, dort muss die Schädlichkeit nachgewiesen werden. Diese Regelung ist für Großkonzerne attraktiver und mit TTIP wäre auch in der EU alles erlaubt für dessen Schädlichkeit keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen.
Das Abkommen muss verhindert werden
Menschenrechte, menschenwürdige Arbeit, soziale und ökologische Ziele sind nicht verhandelbar. Demokratie, Selbstbestimmungsrecht von Gemeinschaften und flache Hierarchien werden als Grundlage einer selbstbestimmten Gesellschaft festgeschrieben. Handels- und Investitionspolitik muss diesen Vorrang anerkennen.