Der Einfluss der EU auf das Leben in Sachsen mag auf den ersten Blick nicht gleich zu erkennen sein - auf den zweiten Blick jedoch blinkt es überall in europäischem Blau. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahre 1990 wurde das Gebiet der ehemaligen DDR ein Teil der Europäischen Union, damit auch Sachsen. Bis 2004 befand sich der Freistaat noch an der Außengrenze der EU, heute sind die beiden Nachbarländer Tschechien und Polen selbst EU-Mitgliedsstaaten, wodurch Sachsen in die geographische Mitte der Union gerückt wurde.
Die EU hat einen mannigfaltigen Einfluss auf Sachsen. Zum einen unterstützt die EU Sachsen finanziell in Bereichen der Forschung, Strukturpolitik, aber auch Landwirtschaft und Verkehr. Gleichzeitig fördert die EU aber auch Kunst und Kultur, sowie Digitalisierung in Sachsen. Zum anderen haben die Regeln der EU auch dazu geführt, dass sich seit der EU-Osterweiterung der Export Sachsens in die mittel- und osteuropäischen Länder sehr positiv entwickelt hat. So betrug 1993 der Export Sachsens in die EU-Länder insgesamt ein Volumen von ca. 1,2 Millionen Euro. 2018 lag der Export Sachsens in die EU-Länder bei einem Volumen von ca. 20,6 Millionen Euro. Ähnlich entwickelte sich der Import aus EU-Ländern: 1993 wurden Güter im Wert von 1,7 Millionen Euro importiert, 2018 lag dieser Wert bei 16,7 Millionen Euro. Die tschechische Republik und Polen gehören seit Jahren zu den wichtigsten Importpartnern Sachsens und auch 2018 belegen diese Länder die obersten Plätze.
Im Folgenden soll genauer der Einfluss der EU auf Sachsen im Rahmen der Strukturpolitik, Landwirtschaft und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit untersucht werden.
Strukturpolitik
In erheblichem Maße profitiert Sachsen von den Maßnahmen der Struktur- und Regionalpolitik der EU. Die beiden für Sachsen wesentlichen Strukturfonds sind der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und der Europäische Sozialfonds (ESF). Die Strukturfonds der Europäischen Union dienen der Förderung benachteiligter und vergleichsweise gering entwickelter Regionen sowie der Verbesserung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts innerhalb der EU. Für Investitionen in Innovation, Wissenschaft, gewerbliche Wirtschaft und wirtschaftsnahe, städtische sowie Bildungsinfrastrukturen kommt der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zum Einsatz. Für zukunftsfähige Aus- und Weiterbildung sowie die Förderung von Beschäftigung und Unternehmergeist werden die Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds eingesetzt. Seit der Wiedervereinigung erhielt Sachsen insgesamt EU-Förderung in Höhe von 14 Mrd. Euro aus dem EFRE und ESF.
In der Förderperiode 2014-2020 fließen durch EFRE 2,08 Milliarden Euro und durch ESF 662 Millionen Euro nach Sachsen. Mit der Förderung wird auf die Bereiche gesetzt, mit denen die größtmöglichen Effekte erzielt werden können. So fließen beispielsweise in der Förderperiode 2014 - 2020 597 Mio. Euro in die Wissenschaft in Sachsen. 287,8 Mio. Euro fördern die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen und 417,9 Mio. Euro fördern die Verringerung der CO²-Emissionen in Sachsen.
Im Jahr 2020 endet die aktuell (2019) laufende Förderperiode der EU. Als Ergebnis der positiven wirtschaftlichen Entwicklung Sachsens werden die EU-Gelder in der nächsten Förderperiode zurückgehen, weil diese Mittel maßgeblich auf Basis der regionalen Wirtschaftskraft zugewiesen werden.
Landwirtschaft
Ein weiterer Bereich, in dem der Einfluss der EU in Sachsen unmittelbar deutlich wird, ist die Landwirtschaft. Durch das Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum soll die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Land- und Forstwirtschaft gesteigert und die Lebensqualität im ländlichen Raum durch mehr Umwelt- und Landschaftsschutz verbessert werden. Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) ist das Instrument, mit dem die EU diese Ziele auch in Sachsen fördert. Das Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum (EPLR) 2014-2020 setzt die Förderung des ELER mit einem Bündel unterschiedlicher Maßnahmen im Freistaat Sachsen um.
Für die Entwicklung des ländlichen Raums stehen Sachsen in der Förderperiode 2014-2020 insgesamt öffentliche Mittel in Höhe von rund 1,1 Mrd. EUR zur Verfügung. Der Anteil an EU-Fördermitteln beträgt 879 Mio. EUR, dieser wird durch nationale Kofinanzierungsmittel ergänzt. Dabei werden im Rahmen des ELER folgende 6 Prioritäten der Europäischen Union für die ländliche Entwicklung gesetzt:
1. Wissenstransfer und Innovation
2. Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit von landwirtschaftlichen Betrieben und nachhaltige Waldbewirtschaftung
3. Nahrungsmittelkette, Verarbeitung und Vermarktung sowie Tierschutz und Risikomanagement in der Landwirtschaft
4. Wiederherstellung, Erhaltung und Verbesserung der Ökosysteme
5. Förderung der Ressourceneffizienz und der kohlenstoffarmen sowie klimaresistenten Wirtschaft
6. Förderung der sozialen Eingliederung, der Armutsbekämpfung und der wirtschaftlichen Entwicklung in den ländlichen Gebieten
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Seit dem 21. Dezember 2007 sind auf Grundlage des Schengener Abkommen entlang der 580 Kilometer langen Außengrenze Sachsens zu Polen und Tschechien die Grenzkontrollen im Personenverkehr weggefallen. Für die Sachsen, insbesondere für diejenigen, die unmittelbar an der Grenze leben, werden dadurch viele alltägliche Kontakte mit den Nachbarn einfacher. Auf der anderen Seite bringt diese Öffnung natürlich auch neue sicherheitspolitische Herausforderungen für den Freistaat. In Artikel 12 der Sächsischen Verfassung heißt es: „Das Land strebt grenzüberschreitende regionale Zusammenarbeit an, die auf den Ausbau nachbarschaftlicher Beziehungen, auf das Zusammenwachsen Europas und auf eine friedliche Entwicklung in der Welt gerichtet ist.“ Durch die EU wurden in Sachsen die grenzüberschreitenden Kontakte zu den unmittelbaren Nachbarn gefördert und vertieft.
Im Förderzeitraum 2014-2020 wurden in der Grenzregion Sachsen-Tschechische Republik 124 Projekte mit rund 144 Mio. Euro und in der Grenzregion Sachsen-Polen 45 Projekte mit rund 55 Mio. Euro gefördert.
Es haben sich vier so genannte Euroregionen in Sachsen an der Grenze zu Tschechien und Polen gebildet (Euroregion Neisse, Elbe/Labe, Erzgebirge und Euregion Egrensis). Es handelt sich bei diesen Euroregionen um Zusammenschlüsse von Kreisen und Kommunen an den nationalen Binnen- und Außengrenzen der EU. Ziel dieser regionalen Zusammenschlüsse ist es, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Region zu fördern, um so die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Raumes zu erhöhen. Die sächsischen Euroregionen kooperieren mit ihren Partnern auf den Gebieten Ökologie und Naturschutz, Fremdenverkehr, Erholung und Freizeit sowie im kulturellen und sportlichen Bereich.