Ausstellungsstück 2: Erzählung durch Stillleben ("Environmental Storytelling")
Es ist offenkundig, dass das Videospiel seine Immersion daraus entstehen lassen kann, dass die Spielenden in direkter Verbindung mit der Spielfigur stehen. Sie entscheiden über die Geschwindigkeit, über die Perspektive und damit letztlich über die Regie des Gezeigten. Eine Sammlung von platzierten Gegenständen, die im Buch eher eine langwierige Aufzählung, im Film vielleicht ein elegant platziertes Detail sein könnten, werden in Videospielen daher zum geeigneten Stilmittel, um den Aufbau der gezeigten Welt näher zu bringen, ohne erzählen zu müssen. Dadurch, dass die Spielenden diesen Ort im selbst gewählten Tempo erkunden, oder aber schlicht am Gezeigten vorbeilaufen und es damit ignorieren können, entsteht eine Lebendigkeit, die sich selbst erzählt.
Im Spiel „What Remains of Edith Finch” begibt sich die Protagonistin auf eine Reise in die Vergangenheit ihrer Familie und durchläuft dabei das alte Elternhaus. Angekommen beim Zimmer ihres verstorbenen Bruders erinnert sie sich an ihn, während sie im inneren Monolog seinen alten Wohnraum durchstreift. Die Spielenden lernen Lewis dabei kennen, ohne ihn jemals getroffen zu haben: Die neonfarbenen Wände und der allgegenwärtige Drogenkonsum können dabei nicht davon ablenken, dass hier die Geschichte einer liebenswerten Person erzählt wird, die auf der Suche nach einer persönlichen Identität oder auch nur einem Erfolgserlebnis war.