Fotografie: Hof, BRD, Oktober 1989 Nach einer angespannten Nacht, in der ein erster Zug mit Prager Botschaftsflüchtlingen einfuhr, kam am frühen Morgen auch ein zweiter an. Erleichterung, Freude, Euphorie auf beiden Seiten.
Fotografie: Leipzig, DDR, Oktober 1989 Montagsdemonstration – Aufbruch in eine neue Zeit. Man wusste nicht, was im nächsten Moment passieren, wie der Staatsapparat reagieren würde.
Fotografie: Obersuhl/Phillipstal, DDR/BRD, November 1989 Am frühen Sonntagmorgen brach ich zur innerdeutschen Grenze auf. Immer mehr Trabis strömten über den geöffneten provisorischen Grenzübergang. Das Bild wird zum Titelbild der F.A.Z. und zum fünften Jahrestag des Mauerfalls als Briefmarke der Deutschen Bundespost millionenfach gedruckt.
Fotografie: Kavelstorf bei Rostock, DDR, Dezember 1989 Bedrückend und faszinierend zugleich: Mit stoischer Ruhe und Akribie sichern NVA-Soldaten ein geheimes Waffenlager. Im staatlichen Auftrag betrieb Alexander Schalck-Golodkowski einen schwunghaften Waffenhandel, um Devisen zu beschaffen.
Fotografie: Ost-Berlin, DDR, Januar 1990 Zufällig begegnete ich einer Gruppe junger Demonstranten. Ohne das Ziel zu kennen, folgte ich, und wurde Zeuge der Erstürmung der Stasi-Zentrale in der Normannenstraße.
Fotografie: Delitzsch, DDR, Oktober 1989 Ein Land diskutiert, wie hier im Zentrum von Delitzsch. Gemeinsam mit dem damaligen F.A.Z. Politikredakteur Eckhard Fuhr war ich unterwegs, um die Stimmung einzufangen.
Fotografie: Ost-Berlin, DDR, Februar 1990 Wahlkampf zur ersten freien Volkskammerwahl. In der Ost-Berliner CDU-Parteizentrale herrschte Hochstimmung. Schwarz-rot-goldene Fahnen dienten Fotoreportern aus aller Welt als Kulisse für Bilder der neuen Einheit Deutschlands.
Fotografie: Erfurt, DDR, Februar 1990 Fast wie aus der Vogelperspektive wirkt das Bild von Helmut Kohl während einer Wahlkampfrede in Erfurt. Der Treppenaufgang zum Dom ermöglichte mir den Blick auf ein hoffnungsfrohes und dem Kanzler zujubelndes Publikum.
Fotografie: Frankfurt am Main, BRD, November 1989 Ostdeutsche warteten im Treppenhaus des Frankfurter Ausgleichsamtes auf 100 D-Mark Begrüßungsgeld. Über 10 000 Besucher strömten am ersten Wochenende nach dem Mauerfall die Mainmetropole. Die Frankfurter Stadtverwaltung organisierte spontan Schlafplätze in Schulturnhallen.
Fotografie: Leipzig, DDR, Dezember 1989 Volkspolizisten schützen die von Bürgerrechtlern besetzte Stasi-Zentrale in der Leipziger Runden Ecke. Die Uniformierten in ihren neuen Rollen waren für mich zu diesem Zeitpunkt schwer einzuschätzen. Ein Schnappschuss aus der Hüfte möglichst risikolos, denn die vorherigen Bilder auf dem Film sollten ja nicht verloren gehen.
Zweites Kapitel: DDR. Die Friedliche Revolution
Im Oktober 1989 beging die DDR ihren vierzigsten Geburtstag mit Militärparade und hochrangigen Gästen aus dem befreundeten Ausland. Michail Gorbatschow, faktisch Regierungschef der Sowjetunion, wurde mit spontanen Sprechchören gefeiert. Denn er stand mit Glasnost und Perestrojka für Reformen, denen sich die DDR-Führung hartnäckig verweigerte und sich damit zunehmend im sozialistischen Lager isolierte. Die Bürger der DDR verfolgten die westdeutsche Berichterstattung über den Wandel in der Sowjetunion, Ungarn und Polen. Das „Westfernsehen“ lieferte auch den ständigen Vergleich mit den Freiheiten und besseren Lebensbedingungen in der Bundesrepublik, die den eingereisten DDR-Bürgern automatisch die Staatsbürgerschaft gewährte.
Seit Mai 1989 baute Ungarn, wohin Ostdeutsche frei reisen durften, Kontrollen an der Grenze zu Österreich ab und ermöglichte so Tausenden die Ausreise in den Westen. Auch über den freien Personenverkehr in die Tschechoslowakei konnte viele Ostdeutsche im Sommer 89 „rübermachen“. Die tschechoslowakische Polizei verhinderte nicht länger den Zugang zum bundesdeutschen Botschaft in Prag und deren Außenministerium konnte auf internationalem Parkett die Ausreise in die BRD mittels Sonderzügen von Prag über Dresden ins fränkische Hof erreichen. Der Ansturm Ausreisewilliger auf den Dresdner Hauptbahnhof und der massive Polizeieinsatz produzierte Livebilder von einem Staat, der seine Bürger zu Flüchtlingen machte und deren Anliegen nicht mit Gesprächsbereitschaft, sondern allein mit Repression begegnete.
Der Druck auf die DDR-Regierung nahm im Herbst 1989 stetig zu, als sich den wenigen Teilnehmern der bereits länger bestehenden Montagsdemonstrationen im Anschluss an das Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche zehntausende Menschen anschlossen. Für den 9. Oktober 1989 hatte Stasi-Chef Erich Mielke die Niederschlagung der Proteste nach dem Vorbild Pekings vorbereitet, der direkte Schießbefehl wurde jedoch nicht erteilt. In den folgenden Wochen mobilisierten die Demonstrationen Millionen von DDR-Bürgern, die mit den skandierten Parolen „Wir sind das Volk“ und „Wir bleiben hier“ deutlich machten, dass die Ausreise Unzufriedener nicht länger die Lösung sein konnte. Vielmehr sollte die Regierung gehen.
Am 18. Oktober 1989 trat Erich Honecker zurück, am 9. November 1989 wurden die Grenzübergänge nach West-Berlin geöffnet. Im eigenen staatsozialistischen Lager isoliert, ohne einen Reformflügel innerhalb der Partei, der eine Transformation glaubwürdig vertreten könnte, finanziell am Abgrund und der Sogwirkung des mächtigen Nachbarn BRD ausgesetzt, hielt sich das Regime nicht länger als bis zu den ersten freien und zugleich letzten Wahlen zur Volkskammer im März 1990.