Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS, „Stasi“) war Geheimdienst und Geheimpolizei der DDR, welcher durch Bespitzelung, Denunziantentum, Repression, weitreichende Eingriffe in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger sowie zahlreiche weitere Verletzungen von Menschen- und Bürgerrechten den Herrschaftsanspruch der SED sowie die Stabilität der DDR gewährleistete.
Staatssicherheitsdienst nach stalinistischem Vorbild
Bereits vor der Gründung des MfS im Jahr 1950 existierten Vorläuferorganisationen, welche sich in Aufbau und Funktion an sowjetischen Geheimdiensten orientierten. In den 1920er-Jahren beerbte Josef Wissarionowitsch Dschughaschwili, genannt „Stalin“, den vorherigen Revolutionsführer Wladimir Iljitsch Uljanow („Lenin“) an der Spitze der UdSSR. Während bereits Lenin die Rolle der Partei als Zentrum des kommunistischen Staates autoritär auffasste, so erweiterte Stalin diese Form des Kommunismus zur totalitären Diktatur. Dieses System des „Stalinismus“ wird neben der kommunistischen Partei als Machtzentrale des Staates vor allem von den Geheimdiensten und Geheimpolizeien gestützt, welche oppositionelle Strukturen in der Bürgerschaft frühzeitig erkennen und bekämpfen sollten. Die Maßnahmen der Repression reichten dabei bis hin zu systematischem Staatsterror, um durch allgegenwärtige Angst Gehorsam zu erzwingen.
Nach diesem Vorbild war auch das MfS konzipiert. Als „Schwert und Schild“ der SED stellte es den verlängerten Arm der Partei dar, der über massive Eingriffsbefugnisse in den Alltag der Bürgerinnen und Bürger der DDR verfügte. Im Jargon der Stasi handelte es sich dabei um eine notwendige Maßnahme, um „Feinde des Sozialismus zu bekämpfen“ und den „Frieden innerhalb der DDR zu sichern“. Dem MfS standen dabei zahlreiche Instrumente der Überwachung, Verfolgung, Observation, „psychologischen Zersetzung“, Inhaftierung und sogar Folter zur Verfügung.
Obwohl sich die Stasi offiziell als nach außen arbeitender Geheimdienst darstellte, welcher gegen ausländische Bedrohungen im Kalten Krieg vorgeht, stellte dies faktisch ein nachrangiges Ziel dar. Zwar operierte sie auch innerhalb der Bundesrepublik und schreckte auch vor Entführungen, Attentaten oder gar der Bewaffnung und Ausbildung terroristischer Akteure nicht zurück, wie im Fall einiger RAF-Mitglieder nachgewiesen werden konnte, jedoch konzentrierte sich nur etwa ein Zehntel der Mitarbeiter des MfS auf das Ausland, der Großteil der personellen Ressourcen richtete sich gegen die Bevölkerung der DDR. Legitimiert wurde dieses Vorgehen mit einer Gleichsetzung von oppositionellen Bürgerinnen und Bürgern mit militärischen Feinden des Staates, sodass beispielsweise schon eine DDR-kritische Äußerung zu "faschistischer Propaganda" stilisiert und jede Form des öffentlichen Protests als "Agitation des Klassenfeindes" gedeutet wurde.
Geheimdienst ohne Kontrolle durch Justiz
Das MfS hatte Befugnisse, welche über die Kompetenzen heutiger Geheimdienste weit hinausreichten. Während diese oft auf Beschlüsse durch ordentliche Gerichte angewiesen sind, um bestimmte Maßnahmen durchzuführen, so verfügte die Stasi dagegen direkt über Kompetenzen der Gerichtbarkeit. Ihr stand es zu, Menschen, auch über längere Zeiträume, zu inhaftieren sowie Urteile auszufertigen, welche von ordentlichen Gerichten im Anschluss nur mehr gegengezeichnet wurden. Um den Auftrag der Unterdrückung auch kleinster oppositioneller Bewegungen zu erfüllen, bedienten sich die Mitarbeiter des MfS darüber hinaus auch Maßnahmen und Instrumente, die selbst nach DDR-Recht illegal waren. Dieses strukturell verfassungswidrige Handeln eines Staatsorgans war den Funktionären der SED bekannt und wurde von diesen geduldet.
Trotz dieser Machtfülle und der immensen Ressourcen bei gleichzeitig hoher Unabhängigkeit entwickelte sich die Stasi im Gegenzug zu anderen sowjetischen Geheimdiensten nie zum „Staat im Staate“ und blieb der SED dauerhaft untergeordnet. Dies hing einerseits mit einer strategisch klugen Personalpolitik zusammen, wonach nahezu alle Mitarbeiter des MfS auch Mitglieder der Partei und damit wiederum an Weisungen gebunden waren. Andererseits wurde die Parteitreue des MfS auch durch Erich Mielke gewährleistet, welcher die Stasi vom Jahr 1953 an bis kurz vor ihrer Auflösung leitete.
Das kommunistische System nach sowjetischem Vorbild basierte vor allem auf der Deutung der Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels durch Wladimir Iljitsch Uljanow („Lenin“).
Stark verkürzt wiedergegeben gingen Marx und Engels schon im 19. Jahrhundert davon aus, dass der Kapitalismus sich selbst abschaffen würde, weil das Gewinnstreben der Unternehmerklasse („Bourgeoisie“) automatisch zur massenhaften Verelendung der arbeitenden Klasse („Proletariat“) führe. Eine Revolution würde demnach in dem Moment ausbrechen, in dem sich die Arbeiterklasse ihrer Unfreiheit bewusst würde. Die marxistische Theorie gewann schnell an Zulauf, jedoch waren die Nachfolger von Marx und Engels uneins über die Art und Weise, in der sich die Revolution vollziehen solle. Während einige, wie beispielsweise Karl Kautsky oder Rosa Luxemburg, eine demokratische Form des Kommunismus anstrebten, sahen andere in der Demokratie ausschließlich die Verschleierung der Ausbeutung der arbeitenden Schicht durch das Besitzbürgertum.
In diesem zweiten Sinne interpretierte auch Lenin die Rolle der Parteiendemokratie, der als Führer der „Bolschewiken“ im Jahr 1917 nach einer gewalttätigen Revolution an der Spitze der neugeschaffenen Sowjetunion stand. Im sowjetischen Modell soll sich eine Partei also nicht in Wahlkämpfen als Alternative zu anderen Parteien anbieten: Weil es nach leninistischem Verständnis keine bürgerliche Demokratie geben kann, die einen anderen Zweck als die Ausbeutung der Arbeiterschaft verfolge und Parlamentarismus sowie Parteienvielfalt nur ein „Schauspiel“ darstelle, bestehe legitime Politik allein im Durchführen der proletarischen Revolution. Deshalb bedarf es im Kommunismus auch keiner Parteienvielfalt, da nicht-kommunistische Parteien die Politik der Revolution nur zu behindern versuchten.
Kommunistische Parteien haben also nicht primär zum Ziel, zu Wahlen anzutreten, sondern vielmehr den Zweck, den Vollzug der Revolution aufrechtzuerhalten, also letztlich den realsozialistischen Staat auf allen Ebenen zu stabilisieren. Die wichtigsten Funktionen der Staatspartei im Realsozialismus besteht daher darin, aus der Bevölkerung Personal zu rekrutieren, welches ideologisch geschult und im Anschluss als Funktionäre in Staatsämter geführt werden kann ("Kaderpartei") sowie das zentrale Machtzentrum zu bilden, sodass alle wichtigen Ämter und Personen im Staat durch die Parteiführung kontrolliert werden können.
Hauptamtliche und Inoffizielle Mitarbeiter
Das MfS verfügte über enorme personelle Ressourcen, die, gemessen an der Bevölkerungszahl, den größten bekannten Geheimdienst der Geschichte bildeten. Im Verlauf der wachsenden Unzufriedenheit der DDR-Bevölkerung mit Aufbau und Handeln des Staates wurde die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stasi immer weiter aufgestockt, sodass diese im Jahr 1989 etwa 91.000 hauptamtliche und etwa 180.000 inoffizielle Mitarbeiter (IMs) betrug.
Gerade der Einsatz von IMs hat sich – neben den menschenrechtswidrigen Überwachungs- und Verhörmethoden der hauptamtlichen Mitarbeiter – tief in das kollektive Gedächtnis ehemaliger Bürgerinnen und Bürger der DDR eingeprägt und zeitigt bis heute traumatisierende Erfahrungen. Um Informationen oder Erpressungspotenzial gegen ausgemachte Ziele zu erlangen, bemühte sich das MfS darum, den zu überwachenden Menschen nahestehende Personen als Informant oder „Zersetzer“ anzuwerben. Diese Praxis führte zu einem Klima des Misstrauens innerhalb der Bevölkerung, insbesondere oppositionellen Gruppierungen, da mitunter sogar Familienmitglieder oder enge Freunde angeworben wurden, Informationen einzuholen oder gezielt soziale Beziehungen zu zerstören, um oppositionell eingestellte Menschen zu isolieren und "belastendes" Material gegen sie zu sammeln. Nicht selten wurden IMs mit gefälschten Biografien durch das MfS in Gruppierungen eingeschleust, sodass neuen Bekanntschaften grundsätzlich misstraut werden musste, was wiederum den Aufbau oppositioneller Strukturen erschwerte.
Anwerbung von neuen Mitarbeitern
In der Verpflichtung von IMs setzte die Stasi ebenfalls regelmäßig auf Nötigung und Erpressung, wenn die anzuheuernde Person sich der Zusammenarbeit verweigerte. Dadurch eröffnete bereits eine solche Anfrage für die betroffene Person eine folgenreiche Dilemmasituation. Gerade Menschen, welche vorher selbst Opfer der Stasi waren und denen aus politischen Gründen eine Haftstrafe drohte, wurde regelmäßig eine Minderung der Strafe in Kombination mit der Zusammenarbeit mit dem MfS angeboten.
Dennoch lehnten viele Bürgerinnen und Bürger die Zusammenarbeit grundsätzlich ab, selbst wenn dies negative Folgen für die eigene Person nach sich zog. Eine abgeschwächte Form bestand in der formalen Zustimmung zur Zusammenarbeit bei gleichzeitiger Reduktion der Spitzeltätigkeit auf ein triviales und nicht belastendes Minimum. Ebenfalls möglich war die „Dekonspirierung“: Der Zusammenarbeit mit der Stasi wurde formal zugestimmt, dies wurde der betroffenen Zielperson jedoch umgehend mitgeteilt, sodass die Berichterstattung durch das Ziel konstruiert werden konnte. Gleichzeitig bleibt jedoch festzuhalten, dass diese Formen der Verweigerung eher die Ausnahme bildeten und ein Großteil der IMs der Zusammenarbeit aus ideologischer Überzeugung, Opportunismus oder einem Machttrieb heraus bereitwillig zustimmten.
Aufarbeitung und Erinnerung
Gerade weil IMs selten während ihrer Tätigkeit aufgedeckt wurden, stellt es für viele Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR ein wichtiges Recht dar, Einsicht darüber zu erlangen, ob, in welchem Ausmaß und durch welche Personen sie durch das MfS überwacht wurden. Dennoch war das dazu letztlich verabschiedete „Stasi-Unterlagen-Gesetz“, welches 1992 in Kraft trat, anfangs durchaus umstritten. Dabei waren es nicht nur ehemalige Mitarbeiter des MfS und Parteigänger der SED, welche sich gegen die Möglichkeit zur Akteneinsicht wehrten, um die eigene belastete Biografie zu schützen. Auch Vertreter der Bürgerrechtsbewegungen und der Kirchen, welche selbst Opfer der Stasi waren, sprachen sich mitunter gegen eine Möglichkeit zur Einsicht aus, um späte Racheakte zu vermeiden und den Prozess der Aussöhnung und Integration der Bevölkerung zu einer gemeinsamen deutschen Bürgerschaft nicht zu gefährden.
Als sich die Möglichkeit eines jahrzehntelangen Verschlusses abzeichnete, wiederholten Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR jedoch die Besetzung der MfS-Einrichtungen, welche bereits während der friedlichen Revolution zum Fall der Stasi geführt hatten, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. Dieser Wunsch nach Aufarbeitung führte schließlich zum Recht auf Akteneinsicht. Verwaltet werden die Unterlagen vom „Bundebeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik“. Bundesbeauftragter ist seit 2011 Roland Jahn, die ihm zugeordnete Behörde konserviert und digitalisiert die Akten und ist darüber hinaus beauftragt, zum Gedenken an die Menschen- und Bürgerrechtsverbrechen des MfS beizutragen.
Derzeit sind der Umzug und die Integration der Behörde in das Bundesarchiv geplant. Nach eigener Darstellung eigenen sich die meisten Aktenstandorte nicht für eine langfristige Aufbewahrung der Akten, weswegen man die Kompetenzen des Bundesarchivs nutzen wolle. Kritik an dieser Maßnahme lässt sich von Bürgerrechtsbewegungen vernehmen, welche verringerte Anstrengungen zur Aufarbeitung befürchten. Die Möglichkeit zur Akteneinsicht gemäß Stasiunterlagengesetz soll in Zukunft jedoch unverändert bestehen. Im Herbst 2019 soll der Bundestag über die Maßnahme entscheiden.