Runde Tische füllen Machtvakuum
Die Runden Tische nach polnischem Vorbild waren wichtiger und zentraler Bestandteil der friedlichen Revolution. Am 22. November 1989 einigten sich die oppositionellen Gruppen mit der bereits stark an Einfluss verlierenden SED-Führung, auf allen Ebenen Runde Tische zu etablieren welche das entstandene Machtvakuum füllen sollten. Sie beobachteten die staatliche Verwaltung kritisch, verschafften den Forderungen der Demonstranten Gehör und vermittelten zwischen unterschiedlichen Instanzen. Die Runden Tische kontrollierten die Politik und gewährleisteten sowohl die Steuerung durch die alten, teilweise veränderten DDR-Institutionen als auch die Teilnahme der neuen politischen Kräfte und übernahmen damit zum Teil die Aufgaben einer informellen Regierung. Darüber hinaus erfüllten sie eine weitere wichtige Funktion:
Revolutionäre Verläufe sind häufig durch das Problem geprägt, dass oppositionelle Gruppen zunächst geschlossen auftreten, da sie durch die Ablehnung des Status quo ein gemeinsames Ziel verfolgen. Sobald sich die Ablösung des alten Regimes abzeichnet, zerfallen die einstmaligen Verbündeten jedoch in Konflikte um die Ausgestaltung der neuen Ordnung. In diesem Sinne dienten die Runden Tische auch als Ort der Kompromissfindung zwischen den Bürgerrechtsbewegungen der DDR mitsamt ihren verschiedenen Zielen.
Für die Anerkennung der Runden Tische durch die DDR-Staatsführung war die Bundesregierung mitverantwortlich. Die DDR benötigte neue Kredite, um einen wirtschaftlich-finanziellen Kollaps zu vermeiden. Die Bundesregierung verband finanzielle Zusagen mit politischen Forderungen: Die SED sollte ihr Machtmonopol aufgeben und oppositionelle Gruppen zulassen sowie freie Wahlen ausrichten. Am 7. Dezember 1989 konstituierte sich der "Zentrale Runde Tisch" aus Vertretern der alten staatlichen Institutionen (SED, Blockparteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund und weitere) sowie neuen politischen Kräften – den Bürgerbewegung.
Ablösung durch parlamentarisch gewählte Abgeordnete
Nach den ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990 und der Bildung einer neuen, demokratisch gewählten Regierung entstand ein Konkurrenzkampf zwischen den parlamentarisch und direktdemokratisch gewählten Kräften von Volkskammer und Bürgerrechtsbewegungen. Beschlüsse der Runden Tische hatten nun keine Verbindlichkeit mehr, da sonst die durch Wahlen bestimmten Abgeordneten wiederum die ihnen anvertraute Vertretungsmacht nicht hätten geltend machen können. Vereinzelt leisteten die Runden Tische jedoch weiterhin einen wichtigen Beitrag, wie beispielsweise bei der Neugründung des Freistaates Sachsen.