Die Europäische Union (EU) blickt auf eine faszinierende Geschichte zurück. Sie ist geprägt von mutigen Visionen, politischen Kompromissen und historischen Ereignissen, die den Grundstein für eine einzigartige Zusammenarbeit legten.

Die Anfänge der europäischen Zusammenarbeit gehen auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurück, als die Idee eines geeinten und friedlichen Europas dringender denn je erschien. Vor allem französische Initiativen spielten eine entscheidende Rolle bei der Gründung der so genannten Montanunion (EGKS) und später der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Zwar verliefen diese Entwicklungen nie konfliktfrei - in vielen Ländern prägten (und prägen) nationale vs. europäische Interessen lange Zeit die politische Diskussion -, doch konnten Vorbehalte gegenüber den europäischen Institutionen meist auf dem Weg des Kompromisses überwunden werden. 

Im Laufe der 1970er Jahre kam es zu einer ersten Erweiterung der Europäischen Gemeinschaften und zu einer vorsichtigen Vertiefung der Zusammenarbeit. 1979 wurde das Europäische Parlament zum ersten Mal direkt gewählt, was ihm eine stärkere demokratische Legitimation verlieh und die Bürgerinnen und Bürger den europäischen Institutionen näher brachte. In den 1980er Jahren stand die Schaffung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes im Vordergrund. Dieser garantiert bis heute den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen. Die so genannten Süderweiterungen brachten weitere Herausforderungen mit sich, aber auch das Ziel einer politischen Union und einer Währungsunion rückte näher. 1985 unterzeichneten die Mitgliedstaaten die Einheitliche Europäische Akte, um bis 1992 den Binnenmarkt zu verwirklichen. Mit dem Vertrag von Maastricht wurde 1992 schließlich die Europäische Union gegründet und die 1990er Jahre waren von der Umsetzung der Währungsunion geprägt. In den 2000er Jahren folgten mehrere Erweiterungsrunden, die die EU stark vergrößerten. So traten im Jahr 2004 zehn neue Mitgliedstaaten, darunter Länder aus Mittel- und Osteuropa, der EU bei. 2007 folgten Bulgarien und Rumänien.

Die Geschichte der Europäischen Union blieb nicht frei von Rückschlägen.

Eine gemeinsame Verfassung scheiterte im Jahr 2005 aufgrund von politischen und institutionellen Herausforderungen. Einige Mitgliedstaaten, darunter Frankreich und die Niederlande, lehnten die Verfassung in Volksabstimmungen ab, was zu einem fehlenden Konsens führte. Als Alternative wurde der Vertrag von Lissabon verhandelt und ratifiziert, der viele Ziele der Verfassung übernahm, aber in einer anderen Form und mit weniger verfassungsähnlichem Charakter. Er trat 2009 in Kraft. Er reformierte die EU-Institutionen grundlegend und führte zur rechtlichen Fusion von Europäischer Union und Europäischer Gemeinschaft. Er erweiterte das Mitentscheidungsverfahren auf polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und stärkte die Rolle des Europäischen Parlaments. Zudem wurden nationale Parlamente stärker in die EU-Rechtsetzung eingebunden. Die Einführung der Europäischen Bürgerinitiative ermöglichte es Bürgern, Gesetzesvorschläge bei der EU-Kommission einzureichen. Weiterhin schuf der Vertrag das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates, stärkte die Rolle des Hohen Vertreters der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und führte den Europäischen Auswärtigen Dienst ein.

Darüber hinaus hat die weltweite Finanzkrise ab 2009 auch Europa schwer getroffen, insbesondere die Länder der Eurozone. Die Krise führte zu einer verstärkten Zusammenarbeit in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik und zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zur Unterstützung von Ländern in finanziellen Schwierigkeiten. Ab 2015 sah sich die EU mit einer großen Zahl von Flüchtlingen und Migranten konfrontiert, die vor Konflikten und Verfolgung in ihren Heimatländern flohen. Die Flüchtlingskrise führte zu politischen Spannungen und stellte die Solidarität und Zusammenarbeit innerhalb der EU auf die Probe. Diese Entwicklungen gingen einher mit dem Aufkommen neuer rechtspopulistischer Strömungen und führten schließlich zum Austritt Großbritanniens aus der EU - dem "Brexit".